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Auszug - Kinder und Jugendliche im Pandemiegeschehen  

Sitzung des Jugendhilfeausschusses
TOP: Ö 5
Gremium: Jugendhilfeausschuss Beschlussart: zur Kenntnis genommen
Datum: Di, 27.04.2021 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 17:00 - 18:37 Anlass: Sitzung
Raum: Mensa des Schulzentrum Ilsede
Ort: Am Schulzentrum 35, 31241 Ilsede
Zusatz: Vor der Sitzung wird die Möglichkeit geboten, einen Selbst-Schnelltest zu machen. Dieser wird 45 Minuten vor Beginn der Sitzung ausgehändigt. Bitte nutzen Sie auch die Schnelltestangebote z.B. in den Peiner Festsälen. Es wird darum gebeten, während der gesamten Sitzung eine medizinische Maske zu tragen. Getränke können nicht bereitgestellt werden.
2021/847 Kinder und Jugendliche im Pandemiegeschehen
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Informationsvorlage
Federführend:Fachdienst Jugendamt Bearbeiter/-in: Sorge, Annett
 
Wortprotokoll

Der Ausschussvorsitzende Herr Fechner merkt zur vorliegenden Informationsvorlage an, dass sich für die Anlage „Antwort auf das Schreiben der KAG-FW“ Herr Zilling als Fachdienstleitung verantwortlich erklärt.

 

Frau Horrmann-Brandt teilt mit, dass sie ein „ungutes Gefühl“ habe, den JHA in Präsenz durchzuführen. Sie fragt, ob nicht die Möglichkeit bestünde, die Sitzungen des JHA während der Pandemie digital durchzuführen. Frau Prof Dr. Friedrich merkt hierzu an, dass digitale Ausschusssitzungen aktuell noch nicht durchgeführt werden können, da dies die Hauptsatzung des Landkreises derzeit nicht ermöglicht. Daher lautet die Anweisung vom Landrat nicht zu tagen, wenn es nicht zwingend erforderlich ist. Folglich macht Frau Prof. Dr. Friedrich darauf aufmerksam, sich in der heutigen Sitzung möglichst kurz zu fassen, konstruktiv zu bleiben und sich auf das Wesentliche zu beschränken. Der Ausschussvorsitzende Herr Fechner fügt hinzu, dass er sich nach dem Schreiben der Kreisarbeitsgemeinschaft - Freie Wohlfahrtsverbände (KAG-FW) in der Verantwortung sieht, in den Austausch zu gehen und die heutige Sondersitzung des JHA in Präsenz durchzuführen.

 

Des Weiteren wird auf das Schreiben „Wir machen uns Sorgen“ vom Jugendring für Stadt und Kreis Peine e. V. Bezug genommen, welches zu Beginn der Sitzung verteilt wurde. Hierzu erläutert Frau Prof. Dr. Friedrich, dass der LK Peine bereits seit Beginn der Pandemie die Zielgruppen der Kinder und Jugendlichen stets im Blick behalten hat. Anschließend erläutert sie die aktuelle Pandemiesituation für Kinder und Jugendliche bezogen auf den Inhalt einer Blackbox. Dabei stellen verschiedene Kernkompetenzen, welche die Kinder/Jugendlichen aufgrund der Pandemie nicht erlernen können, eine Folgewirkung bzw. ein sogenanntes Hellfeld dar. Fraglich ist dabei, welche und wie viele Hellfelder oder auch Graubereiche, bei denen eine Auswirkung absehbar ist, noch hinzukommen werden. Folglich verdeutlicht die dargestellte Blackbox, dass die Arbeitsbereiche nicht konsistent verteilt sind, was bedeutet, dass an einigen Stellen eine deutliche Herausforderung zu vermerken ist, welche an anderen Stellen wiederum weniger ausgeprägt scheint.

 

Herr Zilling ergänzt, dass das Jugendamt mit Beginn des ersten Lockdowns sehr schnell agieren und schnelle Entscheidungen treffen musste, ohne dass rechtliche Grundlagen auf Bundesebene und Landesebene bestanden. Dementsprechend geht es immer um die Sicherstellung der Daseinsfürsorge. Des Weiteren wurde eine Unterarbeitsgruppe der AG78 zum Thema Corona-Pandemie (aktuelle Entwicklungen, Erfahrungen in der Pandemie) gebildet, in der bereits viele der gestellten Fragen aus dem Schreiben der KAG-FW bearbeitet wurden. Der Schwerpunkt dieser AG liegt darin, „gute und kluge Modelle zu entwickeln“, um der Infrastruktur der freien Trägerschaft auch zukünftig Sicherheit bieten zu können. Herr Zilling schlägt vor, die heutigen Themen in einer Ideenbörse bzw. Themenspeicher zu sammeln.

 

Herr Brandis kommentiert anschließend zu diesem Thema als Vertreter der freien Trägerschaft. Er erläutert, dass es vor dem Hintergrund der Situation eines Lockdowns, bereits direkt am Anfang der Pandemie, ein Gespräch über kurzem und unkomplizierten Wege gab. Daraufhin gab es innerhalb kürzester Zeit ein persönliches Treffen, wobei die freien Träger Antworten auf ihre Fragen bekamen. Neben den AG78-Pandemietreffen und der regulären AG78 wurde parallel zum Tagesgeschäft an Entwicklungsprozessen, wie z. B. der Wirkungsdialog oder die kollegiale Beratung, weitergearbeitet. Zudem war eine Erreichbarkeit des Jugendamtes zu jeder Zeit gegeben.

 

Frau Denecke meldet sich zu Wort und gibt wieder, dass die KAG-FW mit ihrem Schreiben vom 01.03.2021 der Auslöser für diese Sitzung gewesen wäre. Nach einer Bearbeitungszeit von knapp vier Wochen seien die Themen aber zum Teil „überholt bzw. veraltet“, welches die Stellungnahme des Jugendamtes hinfällig macht. Weiterhin betont sie, dass die KAG-FW immer noch hinter den Themen aus dem Brief stehen. Sie kritisiert außerdem die späte, jedoch ausführliche Beantwortung des Schreibens und erläutert, dass es wichtig ist, den Blick auf das Geschehen zu richten und „zur Not zu raten, wie die Blackbox aussieht“. „Den Kindern und Jugendlichen wird eine Zeit der Entwicklung geklaut“, weshalb vor diesem Hintergrund der JHA darauf zu achten habe. Als Beispiel nennt Frau Denecke die Kinder von Bekannten, die sich während der Pandemiezeit deutlich verändert hätten. Ihre Bitte lautet daher „in die Familien zu schauen, um einen Eindruck zu erhalten, was dort passiert“.

 

Frau KTA Maurer-Lambertz zeigt sich verständnislos über die Darstellung des Jugendamtes. Anschließend äußert sie sich zum Thema Homeschooling im Kontext einer Schulbegleitung, wodurch ihrer Einschätzung nach Probleme in den Familien entstehen. Die Betonung liegt ihrer Einschätzung nach auf Kindern mit seelischer Behinderung. Frau KTA Maurer-Lambertz liest hierzu den von ihr erstellten Fragenkatalog bezüglich des Homeschoolings und der Schulbegleitung (siehe Protokollanlage) vor. Nach ihrem Verständnis würde ein Rechtsanspruch auf Schulbegleitung bestehen, welchem derzeit durch das Jugendamt nicht entsprochen wird. Der Ausschussvorsitzende Herr Fechner fügt hinzu, dass die Antworten zu diesen Fragen an alle Mitglieder des JHA geschickt werden sollen.

 

Herr Schönaich meldet sich zu Wort und spricht von einem Nichtkümmern des Jugendamtes während der Pandemiezeit. Die Schulen fühlen sich - so seine Wahrnehmung - dabei im Stich gelassen. Auch weist er darauf hin, dass Schulleitungen seines Erachtens nach beim Thema Homeschooling nicht berücksichtigt werden bzw. Lehrer zu Hilfeplangesprächen nicht eingeladen werden. Es bestehe seitens der Schulen die Befürchtung, die Verbindung zu den Schülern zu verlieren. Ein weiteres Problem sei die Verweigerung des Online-Unterrichts einiger Schüler, welches durch alle Schulformen zu beobachten sei. Des Weiteren kritisiert er den Umgang mit der Digitalisierung, welche ohne jegliche Art der Steuerung stattfände (z. B. keine Vereinheitlichung der Computer). Der Schwerpunkt läge dabei auf der Anwendung, da die Kinder und Jugendlichen nicht entsprechend erreicht werden können, was letztendlich mit einer Schulverweigerung einhergeht. Herr Schönaich äußert den Wunsch, dass der aus dem Jahr 2011 stammende Kooperationsbogen Jugendamt, welcher seitens der Schulen bis dato selten genutzt wurde, überarbeitet wird. Weiter wünschen sich die Schulen einen direkten Ansprechpartner sowie einen „Reaktionsdienst“ im Jugendamt.

 

Herr Steckel teilt seine Besorgnis über die Kinder und Jugendlichen mit. Er äußert, dass die Kindergartengruppen voll sind und die Anträge der Eltern auf Notbetreuung immer mehr zunehmen. Weiter prekär seien zum einen die Kinder, die gerade schulpflichtig werden und eigentlich aus unproblematischen Verhältnissen kommen, wobei der Zugang zu den Kindern abbricht und „man vor verschlossenen Türen steht“. Zum anderen seien es aber auch die Jugendlichen, welche vor Zukunftsängsten stehen und sich Gedanken machen, „ob das Abitur noch etwas wert ist?“. Fraglich sei, wie die Themen aufgefangen werden sollen, sobald der Lockdown beendet wird. 

 

Herr Hebisch meldet sich als Verfasser des Schreibens „Wir machen uns Sorgen“ zu Wort und teilt mit, dass diese Sorgen besonders den Vereinen und Verbänden gelten. Die aktuelle Arbeitssituation, ließe sich nicht mit der vergleichen, wie es vor der Pandemie war. Des Weiteren erläutert Herr Hebisch die absehbaren Folgen, wie beispielsweise den Bedarf an personellen und finanziellen Hilfen, sobald wieder eine Normalität einkehrt. Er hebt hervor, dass eben jene Themen in den von Herrn Zilling angesprochenen Themenspeicher gehören. Der Ausschussvorsitzende Herr Fechner stimmt diesem zu und erläutert, dass einige Problemstellungen bereits bedacht wurden und andere zukünftig noch bedacht werden müssen. Anschließend fasst er die bereits angesprochenen Themen zusammen, welche nach der Sitzung behandelt werden müssen (siehe Protokollanlage).

 

Des Weiteren teilt Frau KTA Maurer-Lambertz ihren Unmut über die Darstellung des Jugendamtes zum Schreiben der KAG-FW mit und äußert sich „damit nicht zufrieden zu sein“. In der Darstellung habe sich das Jugendamt gelobt und es wäre betont worden „was für eine tolle Arbeit das Jugendamt geleistet hat“. Weiterhin erwartet Frau KTA Maurer-Lambertz, dass hierzu Zahlen dargestellt werden sollen, um Bedarfe und erreichte Ziele selbst einzuschätzen zu können. Ihres Erachtens nach sei es nicht die Aufgabe des Jugendamtes zu entscheiden, welche pandemiebedingten Bedarfe gedeckt werden konnten.

 

Nach einer ausgiebigen Diskussionsrunde der Ausschussmitglieder untereinander, ermöglicht der Ausschussvorsitzende Herr Fechner, Herrn Zilling Stellung zu nehmen. In diesem Zusammenhang stellt er dar, dass vor allem die jungen Menschen im Vordergrund stehen sollten, die die Kinder- und Jugendhilfe bisher weniger erreichen konnte. Das heißt vor allem, dass das Blickfeld erweitert werden muss. Hinsichtlich des Homeschoolings gibt Herr Zilling wieder, dass keine Maßnahme frühzeitig beendet wurde. Das Jugendamt orientiert sich dabei am Leitfaden des niedersächsischen Kultusministerium - Schule in Coronazeiten 2.0. Weiterhin hat es keine coronabedingten Kürzungen der bewilligten Hilfemaßnahmen gegeben. Gerade im Kontext Schule wurden viele Maßnahmen bewilligt und fortgeschrieben. Dabei wurde stets berücksichtigt, welche Kernbereiche die Schulbegleitung abzudecken hat.  Im Qualitätsdialog wurden Konzepte durchdacht und weiterentwickelt, bis hin zur Teilhabe an Bildung und dessen Überprüfung anhand von individuellen Bedarfen. Eine Einzelfallhilfe kann dabei immer nur mit dem Übergang in geeignete Modelle gelingen. In diesem Kontext erläutert Herr Zilling Frau KTA Maurer-Lambertz, dass es entgegen ihrer Auffassung lediglich ein Rechtsanspruch auf Bildung und Teilhabe besteht, jedoch nicht explizit auf eine Schulbegleitung. Bezugnehmend auf den Vortrag von Herrn Schönaich thematisiert Herr Zilling die Schulleiterdienstbesprechung vom 14.04.2021. Dabei zeigte sich, dass es Vorwürfe gibt und wenig Unterstützungsbereitschaft des Jugendamtes aus Sicht der Schulen bestünde. Aufgrund des Pandemiegeschehens wurde bereits am 07.05.2020 eine Email (siehe Protokollanlage) an sämtliche Schulen des Landkreises Peine verschickt, die die Schulen ermutigen sollte, sich an das Jugendamt zu wenden, sofern Unterstützungsbedarf vorliegt. Es gab seither lediglich eine Rückmeldung. Darüber hinaus hat das Jugendamt die Resonanz aus der freien Trägerschaft erhalten, dass das Homeschooling seit Dezember 2020 gut bewältigt werden kann.

 

Frau Horrmann-Brandt kann einer guten Erreichbarkeit des Jugendamtes aus ihrer Sicht nicht zustimmen, da diese für die Familien nicht gegeben sei. Außerdem möchte sie, bezugnehmend auf die Darstellung des Jugendamtes zum Schreiben der KAG-FW vom 01.03.2021, dafür sensibilisieren, dass bei den Jugendhilfeträgern Probleme entstehen werden, wenn es Kürzungen im Bereich des Homeschooling gibt. Weiterhin fügt sie hinzu, dass es in diesem Zusammenhang mit der Region Hannover und der Stadt Hildesheim keine Probleme gebe.

 

Herr Zilling schlägt vor, zu differenzieren, wie die Situation vor der Pandemie war. Dabei haben sich vor allem die Eltern mit ihrem Kind auseinander zu setzen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, eine Abgrenzung zu schaffen und kritisch zu hinterfragen, wo beispielweise der Unterschied zu einer Nachbetreuung oder Hausaufgabenbetreuung ist, wenn sich beide Eltern im Home-Office befinden.

 

Frau Lonnemann äußert hierzu, dass beim Homeschooling, dieselbe Leistung, wie in den Präsenzphasen durchgeführt würden. Herr Zilling macht daraufhin aufmerksam, nicht die Rechtsgrundlagen des SGB VIII mit dem SGB XII zu vermischen. Des Weiteren verdeutlicht Herr Gebers, dass Schulbegleitung keine Allgemeinlösung für einen jungen Menschen darstellt und kritisch hinterfragt werden sollte, wie das Schulsystem das Homeschooling in diesem Sinne gestaltet.

 

Herr KTA Laaf weist auf ein Kommunikationsproblem hin. Er stellt dar, dass die Kinder- und Jugendhilfe nicht nur ihre eigentlichen Zielgruppen verlieren wird, sondern auch ehrenamtliche Mitarbeiter. Des Weiteren führt er an, dass Kinder und Jugendliche ein Bewegungsbedürfnis haben und kritisiert in dem Zusammenhang das Schließen von Sportplätzen, Turnhallen etc., auch unter möglichen Hygienekonzepten. Hierzu erläutert er, dass er viele Kinder und Jugendliche sieht, die sich entgegen der Corona-Maßnahmen auf Spiel- und Sportplätzen treffen, welches er ausdrücklich befürwortet. Dennoch appelliert Herr KTA Laaf, über mögliche Maßnahmen nachzudenken, was den Kindern und Jugendlichen trotz der Pandemie angeboten werden kann. Frau Will erwidert hierzu und betont, dass es wichtig ist, Kinder nicht nur als Schüler zu sehen. Das Freizeitverhalten darf nicht aus dem Fokus geraten. Jedoch liegt das Problem dabei in der Verordnung, welche coronakonforme Jugendarbeit möglich macht, dennoch viele Jugendräume derzeit geschlossen sind. Abschließend schlägt Frau Will ebenso vor, dass überlegt werden sollte, welche Formate auch bei hohen Inzidenzzahlen ermöglicht werden könnten.

 

Frau Denecke äußert als weiteren Schwerpunkt die Berufsorientierung und Ausbildung, welche in der Perspektive für junge Menschen unabdingbar ist. In diesem Zusammenhang fügt Herr Schönaich hinzu, dass hierbei vor allem die Nichtschülerprüfung beachtet werden sollte, um Kinder und Jugendliche bei einem Schulabschluss zu unterstützen und dazu ein höherer Bedarf zu erwarten sei. Herr Steckel ergänzt die Vierjährigen-Untersuchung, welche nach Ende des Lockdowns schnellstmöglich wiederaufgenommen werden sollte.

 

Abschließend merkt Frau Müller Alarcón an, dass zugewanderte Kinder innerhalb der angesprochen Themen nicht vergessen werden dürfen.

 

Abstimmungsergebnis: Kenntnisnahme

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Protokollanlage_Herr Fechner_Anmerkungen zum JHA Protokoll 27.04.2021 (1090 KB)      
Anlage 2 2 Protokollanlage_Frau Maurer-Lambertz_Fragenkatalog an das JA (716 KB)      
Anlage 3 3 Protokollanlage_Anschreiben - Kooperation Schule - JA (398 KB)      
Anlage 4 4 Protokollanlage_Präventionsketten AGAS - 26.04.21 (2022 KB)