Inhalt

Auszug - Vorstellung - Ansätze einer inklusiven Bildungslandschaft im Landkreis Peine  

Sitzung des Jugendhilfeausschusses
TOP: Ö 6
Gremium: Jugendhilfeausschuss Beschlussart: geändert beschlossen
Datum: Di, 22.11.2022 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 17:00 - 19:27 Anlass: Sitzung
Raum: Aula des Gymnasiums Groß Ilsede
Ort: Am Schulzentrum 35, 31241 Ilsede
2022/198 Vorstellung - Ansätze einer inklusiven Bildungslandschaft im Landkreis Peine
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Federführend:Fachdienst Jugendamt Bearbeiter/-in: Richert, Stefanie
 
Wortprotokoll
Beschluss
Abstimmungsergebnis

Der Ausschussvorsitzende Herr KTA M. Meyer begrüßt das ISM, darunter Herrn Müller, Frau Durek und Frau Schönenberg, welche auch Teil der Arbeitsgruppe sind. Außerdem begrüßt er die weiteren Mitglieder der Arbeitsgruppe, darunter die Schulleiter/innen der vier Grundschulen Frau Lünsmann (VGS Eichendorffschule), Herrn Lampka (GS Südstadt), Frau Eichler (VGS Wallschule Sally Perel), und die nicht anwesende Frau Langeheine (VGS Fröbelschule) sowie Frau Spiller (Sozialamt Landkreis Peine), Herrn Zilling, Frau Richert (Fachcontrolling) und Herrn Gebers (Jugendhilfeplanung).

 

Der Ausschuss ist sich einig, dass die Arbeitsgruppe nach der Vorstellung der Ansätze durch das ISM gemeinsam mit dem Ausschuss in eine offene Diskussion treten kann, um etwaige Fragen zu diesem Tagesordnungspunkt zu klären.

 

Herr Müller beginnt mit der Vorstellung erster Ansätze einer inklusiven Bildungslandschaft im Landkreis Peine. Die PowerPoint-Präsentation ist dem Protokoll als Anlage beigefügt.

 

Der Auftrag des ISM sei die wissenschaftliche Begleitung des Projekts an der Eichendorffschule ab 2020 gewesen, als das Projekt bereits vier Jahre lief. Dabei sollten Arbeitsansätze für weitere Projekte an anderen Schulen im Landkreis Peine erörtert werden. Zwei der Arbeitsaufträge seien gewesen: Erfassung der strukturellen Wirkung des Modells und die Weiterentwicklung/Umsteuerung aus den Erfahrungen der Eichendorffschule an weiteren Grundschulen.

 

Das Thema Inklusion beschäftige derzeit alle Kommunen in der Bundesrepublik Deutschland. Die Blickrichtung zunächst auf die Grundschulen zu legen, sei ein richtiger Ansatz, um feststellen zu können, was getan werden kann, um Inklusion in den ersten zehn Lebensjahren zu gestalten. Eine weitere systematische Ausweitung auf weitere Schulen sei möglich und auch gewünscht.

Es sei dabei zunächst wichtig zu wissen, mit welchen Bedarfen die jungen Menschen bereits an die Grundschulen kommen. Es sei deutlich geworden, dass ca. die Hälfte der Grundschulkinder einen Hilfebedarf haben, unabhängig davon um welchen Bedarf es sich dabei konkret handelt (z.B. § 35 a SGB VIII, Hilfe zur Erziehung oder schulischer Förderbedarf).

 

Herr Müller bezieht sich auf Frau Deneckes vorherigen Beitrag zum Tagesordnungspunkt 5 „Kinder und Jugendliche in der Corona-Pandemie“ und teilt mit, dass bundesweit insbesondere Kinder an Grundschulen in benachteiligten Wohnquartieren auch während der Corona-Pandemie keine umfassende schulische Bildung erfahren konnten. Rund 30 % der betroffenen Kinder hätten die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Einschnitte im schulischen Bereich nicht gut überwunden. Bei diesen 30 % handele es sich gerade um die Kinder, die aufgrund ihrer sozialen, familiären oder sozialräumlichen Situation sowieso schon benachteiligt seien.

 

Die wissenschaftliche Begleitung wird nicht die alleinige Lösung der Herausforderungen und Probleme an Schulen in benachteiligten Wohnquartieren sein. Man dürfe nicht zu hohe Erwartungen an das Projekt stellen und es damit überfordern. Das Projekt der Klassenassistenzen setze besonders auf die Akteure Schule, Klasse und Kinder. Ein neues, weiterentwickeltes Konzept solle auch die Eltern einbeziehen. Dabei sei zu beachten, dass die Ressourcen an jeder der vier Grundschulen unterschiedlich vorhanden sein können oder benötigt werden. Ein individueller Rechtsanspruch eines jeden Kindes auf eine passende Hilfe bleibe weiterhin bestehen, dennoch sei es die Aufgabe aller Akteure, die individuellen Bedarfe und Hilfegewährungen über die Regelstruktur bestmöglich inklusiv zu gestalten. 

Auch die bundesweite sozialraumunabhängige Ausstattung der Schulen sei ein erschwerender Faktor. Im Zuge der Umsteuerung des Projekts an der Eichendorffschule sei es Ziel, die Teilhabegerechtigkeit durch die sozialraumabhängige Ausstattung der Schulen zu steigern.

 

Der erste Schritt in der Umsteuerung sei nun die Bedarfsanalyse auf Grundlage der Ergebnisse der Schuleingangsuntersuchungen. Dabei seien ebenfalls die bereits vorhandenen Ressourcen zu berücksichtigen.

Beim zweiten Schritt der Umsteuerung handele es sich um die Erarbeitung individueller Angebote für die vier Grundschulen. Gegebenenfalls können bereits vorhandene Ressourcen mit neuen Angeboten gebündelt werden oder die Qualität vorhandener Angebote gesteigert werden.

 

Herr Zilling wünsche sich nun in Bezug auf die vorgestellten Ergebnisse des ISM gemeinsam mit dem Jugendhilfeausschuss einen guten Start einer Umsteuerung des Projekts in den Jahren 2023 und 2024. Bei dem Projekt an der Eichendorffschule handele es sich um Pionierarbeit, deren Ergebnisse nun weitergegeben werden müssten. Mit Hilfe einer guten und rechtskonformen Bedarfsermittlung sowie einem passenden Indikatorenmodell sollen die Kinder an den vier Grundschulen im Landkreis Peine zukünftig in den Genuss der begrenzt vorhandenen bedarfsdeckenden Mittel kommen. Dieser Auftrag soll in der heutigen Ausschusssitzung durch die vorliegende Beschlussvorlage durch den Jugendhilfeausschuss erteilt werden.

 

Herr KTA Belte meldet sich zu Wort und äert erneut seinen Unmut. Aus seiner Sicht seien die Ergebnisse der Evaluation nicht ausreichend, der bereits thematisierte Antrag aus Mai 2022 der Fraktionsgruppe CDU/FDP sowie SPD und Die Grüne wurde aus seiner Sicht nicht berücksichtigt. Es lägen keine konkreten Zahlen vor anhand derer man über das Ergebnis des Projekts sprechen könne.

 

In diesem Zuge lässt Frau KTA Weigand die vergangenen Ausschusssitzungen Revue passieren. Das Projekt an der Eichendorffschule sollte zum damaligen Zeitpunkt aus Sicht der Verwaltung fristgerecht beendet werden. Aus Sicht des Jugendhilfeausschusses seien die vorliegenden Ergebnisse jedoch nicht ausreichend gewesen. Auch um der Arbeitsgruppe eine angemessene Arbeitszeit zur Entwicklung eines guten Anschlussmodells zu geben, wurde das Projekt für das Schuljahr 2022/23 verlängert.

Der Jugendhilfeausschuss wünsche sich gewiss eine Ausbreitung des Projekts auf alle Schulen im Landkreis Peine, alle Beteiligten wüssten jedoch, dass dies finanziell, strukturell und auch rechtlich nicht möglich sei. Umso zufriedener sei Frau KTA Weigand mit den Arbeitsergebnissen der Arbeitsgruppe und befürworte die Umsteuerung des Projekts, damit die Kinder und Schulen von den begrenzt vorhandenen Mitteln profitieren können. Sie richtet ihr Wort an Herrn Belte und weist daraufhin, dass eine rein wissenschaftliche Evaluation (anhand von Zahlen) von Anfang an ausgeschlossen war und dass die von Herrn Belte geforderten klaren Zahlen nicht zu erbringen seien. Für die Zukunft freue sie sich auf gute Modelle der Arbeitsgruppe.

 

Auch Herr KTA Nießen stimmt dem Vorhaben, das bestmögliche Modell für die jungen Menschen im Landkreis Peine zu erarbeiten, zu. Er habe dennoch einige Fragen an das ISM und die Verwaltung:

 

  1. Wie oft war Herr Müller an der Eichendorffschule und was hat er dort gemacht?

Herr Müller berichtet, Hospitationen mit den Schülern/Schülerinnen und den Eltern in der Schule durchgeführt zu haben. Alle beteiligten Akteure seien in die Evaluation einbezogen worden, ein multiperspektivischer Evaluationsansatz gehöre zu den Grundanforderungen des ISM. Die genauen Termine könne Herr Müller bei Bedarf gern nachreichen.

 

  1. In welchem Umfang hat das ISM die Eltern, Schüler/innen und Lehrer/innen befragt?

Siehe dazu Frage 1.

 

  1. Konnten aufgrund der Klassenassistenz Veränderungen bei den Bedarfen der Schüler/innen festgestellt werden?

Diese Frage könne Herr Müller nicht genau beantworten, da dies nicht der Arbeitsauftrag des ISM gewesen sei. Aufgrund der langjährigen Erfahrung würde er aber davon ausgehen, dass ein Assistenzmodell grundsätzlich eine positive Wirkung zeigen kann. Das Projekt an der Eichendorffschule habe aber gezeigt, dass eine Assistenzleistung unterstützend sein kann, aber nicht dem inklusiven Anspruch gerecht werden kann.  

 

  1. Ist ein Vergleich zu anderen Schulen gezogen worden?

Nein, das Projekt an der Eichendorffschule wurde nicht mit Projekten an anderen Schulen verglichen. Alle Schulen, die Herr Müller mit dem ISM begleite, seien unterschiedlich und seien demnach auch andere Wege gegangen als in diesem Fall die Eichendorffschule. Jede Schule müsse daher individuell betrachtet werden.

 

  1. Wäre das bisherige Projekt an der Eichendorffschule bei einer Fortführung rechtswidrig?

Eine Weiterführung des Projekts wäre nicht rechtskonform. Herr Zilling betont hierbei die Notwendigkeit einer ausgewiesenen Bedarfsermittlung auf dessen Grundlage u.a. die Möglichkeit eines sog. Poolings geprüft werden müsse

 

  1. Was hat die Arbeit des ISM insgesamt gekostet?

Es habe seinerzeit ein Ausschreibungsverfahren für die Evaluation gegeben, in welchem das ISM den Zuschlag erhalten hat. Der Vertragsentwurf wurde den beteiligten Trägern des Projekts im Landkreis Peine zugesendet. Es gab keine Rückmeldung. Die Kosten der Evaluation lägen den Trägern somit also vor. Die entstandenen Kosten für ISM wird Herr Zilling nachreichen.

 

Nachtrag der Protokollführung: Laut Vertrag hat die Evaluation des ISM über einen Zeitraum vom 01.08.2020 bis 30.07.2022 insgesamt 47.363,20 € zzgl. Mehrwertsteuer gekostet. Aufgrund der Verzögerungen durch das Coronageschehen verlängert sich die Begleitung durch das ISM bis zum Ende des Schuljahres 2022/23. Zusätzliche Kosten entstehen hierdurch nicht.

 

  1. Wie wird das umgesteuerte Modell an den Schüler/innen wirken?

Für das umgesteuerte Modell wird ein systematischer Einbezug der Eltern erwartet. Auch durch weitere Optimierungen sollen die Teilhabemöglichkeiten, über die Einzelfallhilfen an den jeweiligen Schulen hinaus, erhöht werden.

 

  1. Wie wird es mit den aktuellen Klassenassistenzkräften weitergehen?

Zukünftig müssen Leistungs -, Entgelt - und Qualitätsvereinbarungen mit den freien Trägern im Landkreis Peine abgeschlossen werden. Herr Zilling könne weiterhin keine feste Zusage zur Weiterbeschäftigung bereits beschäftigter Klassenassistenzkräfte geben, da dies nicht im Kompetenzbereich der Verwaltung läge.

 

  1. Was passiert mit den Kindern mit einem festgestellten Förderbedarf? Können diese auf Wunsch weiterhin eine „konventionelle Schulbegleitung“ erhalten?

Im Rahmen des Projekts an der Eichendorffschule wurde zu keiner Zeit ein individueller Rechtsanspruch an Eingliederungshilfe überprüft. Herr Zilling könne daher nicht sicher sagen, welche Kinder einen individuellen Rechtanspruch haben bzw. hatten und wie die Klassenassistenz auf diese Kinder gewirkt hat.

 

  1. Was würde eine 1:1 – Übertragung des Modellprojekts an der Eichendorffschule auf die weiteren drei Grundschulen kosten?

Die Frage kann Herr Müller nicht pauschal beantworten. Die Bedarfslagen an SGB VIII und SGB IX – Leistungen müssten an jeder Schule einzeln betrachtet werden, eine 1:1 – Übertragung sei demnach nicht umsetzbar.

 

  1. Wieso sind nur Schulen aus dem Stadtgebiet Peine ausgewählt worden?

Aufgrund der Ausarbeitung von Herrn Gebers zur Sozialraumorientierung wurde deutlich, an welchen Grundschulen die größten Bedarfe vorhanden sind. Perspektivisch sollen jedoch alle Kinder von einem solchen Projekt profitieren können.

 

Herr KTA Hildebrandt betont im Zuge der Präsentation die stärkere Beteiligung der Eltern. Er möchte der Arbeitsgruppe ebenfalls die Bedeutung von Sportangeboten, Engagements der Sportvereine etc. mitgeben. Herr Hebisch stimmt Herrn KTA Hildebrandt zu. Es gäbe auch aus seiner Sicht einige Möglichkeiten bei der Einbeziehung von Vereinen und Verbänden im Allgemeinen.

Herr Zilling unterstützt die Anmerkungen von Herrn KTA Hildebrandt und Herrn Hebisch. Im Rahmen der Umsteuerung seien alle „Schätze im Sozialraum zu nutzen“, dazu gehören genau diese genannten Ressourcen wie z.B. Sportvereine, Kirchengruppen, Feuerwehr, etc.

 

Herr KTA Belte schließt an seine vorherige Wortmeldung an und bemängelt weiterhin eine, aus seiner Sicht, ausgebliebene Evaluation. Er kenne den Evaluationsprozess und auch einen Vertrag für diese nicht. Der Umsteuerung sollte unter diesen Voraussetzungen nicht zugestimmt werden.

 

Herr KTA Nießen bedankt sich zunächst bei allen Beteiligten für die ausführliche Beantwortung seiner gestellten Fragen. Er beantragt, die Sitzung zu unterbrechen, um gemeinsam mit den Fraktionen einen Antrag zur Erweiterung des Beschlusstextes zu formulieren.


Der Ausschussvorsitzende unterbricht die Sitzung um 18:42 Uhr. Die Sitzung wird um 19:08 Uhr fortgesetzt.

 

Die Fraktionsgruppen SPD/Die Grüne und CDU/FDP beantragen, den Beschlussvorschlag wie folgt zu ändern:

Der Umsetzung zu einer inklusiven Bildungslandschaft an vier Grundschulen im Stadtgebiet des Landkreises Peine wird zugestimmt. Dabei soll bei der Umsetzung der inklusiven Bildungslandschaft ein besonderer Fokus auf die Erfahrungen und das Know-How der bis Sommer 2023 an der Eichendorffschule beschäftigten Kräfte gelegt werden.

Die ab dem Schuljahr 2023/24 startende inklusive Bildungslandschaft wird verbindlich und von Beginn an evaluiert. Dabei wird intensiv auf die Erfahrungen aller an den Schulen beteiligten Personen geachtet. Der Jugendhilfeausschuss ist in mindestens jährlichen Abständen über Zwischenergebnisse zu informieren.“

 

Abstimmungsergebnis: Der Jugendhilfeausschuss stimmt der Änderung des Beschlussvorschlages zu der Vorlage 2022/198 einstimmig mit zwei Enthaltungen zu.

 


Beschluss:

Der Umsetzung zu einer inklusiven Bildungslandschaft an vier Grundschulen im Stadtgebiet des Landkreises Peine wird zugestimmt. Dabei soll bei der Umsetzung der inklusiven Bildungslandschaft ein besonderer Fokus auf die Erfahrungen und das Know-How der bis Sommer 2023 an der Eichendorffschule beschäftigten Kräfte gelegt werden.

Die ab dem Schuljahr 2023/24 startende inklusive Bildungslandschaft wird verbindlich und von Beginn an evaluiert. Dabei wird intensiv auf die Erfahrungen aller an den Schulen beteiligten Personen geachtet. Der Jugendhilfeausschuss ist in mindestens jährlichen Abständen über Zwischenergebnisse zu informieren.

.


Abstimmungsergebnis:
Einstimmig

 

Ja-Stimmen:

 

 

12

Nein-Stimmen:

 

 

0

Enthaltung/en:

 

2

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Protokollanlage TOP 6 - Präsentation Inklusive Bildungslandschaft (789 KB)      
Anlage 2 2 Protokollanlage TOP 6 - Vertrag ISM (1271 KB)