Inhalt

Vorlage - 2018/260  

Betreff: Machbarkeitsstudie zum Nulltarif im öffentlichen Busverkehr
Antrag des KTA Dieter Samieske, DIE LINKE., vom 22.02.2018
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
  Aktenzeichen:Referat 1
Federführend:Referat Kreisentwicklung, Digitalisierung und Öffentlichkeitsarbeit Beteiligt:Verwaltungsführung
Bearbeiter/-in: Klages, Gundula  Dezernat 1
   Fachdienst Finanzen
Beratungsfolge:
Ausschuss für zentrale Verwaltung und Feuerschutz Vorberatung
28.05.2018 
5. Sitzung des Ausschusses für zentrale Verwaltung und Feuerschutz ungeändert beschlossen   
Kreisausschuss Vorberatung
Kreistag des Landkreises Peine Entscheidung
13.06.2018 
9. Sitzung des Kreistages des Landkreises Peine ungeändert beschlossen   

Finanzielle Auswirkungen
Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Anlage zur Vorlage 2018/260 - Antrag DIE LINKE. vom 22.02.2018 - Machbarkeitsstudie zum Nulltarif im öffentlichen Busverkehr  


 

Im Budget enthalten:

nein

Kosten (Betrag in €):

0 €

Mitwirkung Landrat:

ja

Qualifizierte Mehrheit:

nein

Relevanz

Gender Mainstreaming

nein

Migration

ja

Prävention/Nachhaltigkeit

ja

Bildung

ja

Klima-/Umwelt-/Naturschutz

ja

 

 


 

 


Der Kreistag wird auf die Erstellung/Beauftragung einer Machbarkeitsstudie zur Einführung eines kostenlosen ÖPNV im Landkreis Peine verzichten, da bereits mit einer überschlägigen Betrachtung ein Nulltarif im ÖPNV weder finanziert noch dass dadurch umweltpolitische oder städtebauliche Zielsetzungen erreicht werden können.

 

 


 

Inhaltsbeschreibung:

 

Die zunehmende Belastung vor allem in den Städten mit Feinstaub und Stickstoffen (NOx) stellt die Agierenden vor große Herausforderungen. Als eine von vielen Maßnahmen ist das Anbieten eines für Fahrgäste kostenlosen ÖPNV ins Spiel gebracht worden. Damit wird erwartet, dass durch den Umstieg vom Pkw auf Busse und Bahnen (Verschiebung im Modal Split) eine positive Wirkung einhergeht. Gleichzeitig soll durch einen kostenlosen Nahverkehr das Recht auf öffentliche Mobilität für alle gewährleistet werden.

 

Ein „kostenloser ÖPNV würde – je nach Modell – eine fahrscheinlose und generell kostenlose Benutzung ermöglichen, wobei tatsächlich immer Kosten für die Leistungserbringung anfallen. Da die Ticketerlöse nur einen Teil der tatsächlichen Kosten widerspiegeln, scheint der kostenlose ÖPNV diskussionswürdig. Zu unterscheiden davon sind fahrscheinlose Modelle (z. B. Semester- oder Bürgerticket), die beitrags- oder haushaltsbezogen finanziert werden oder generell für Nutzer kostenlose, umlage- bzw. steuerfinanzierte Angebote. Daneben existieren auch zeitlich, räumlich und auf spezielle Produkte / Linien begrenzte Anwendungsbereiche.

 

In der Vergangenheit haben bereits einige Städte kostenlosen ÖPNV angeboten, u.a. Templin (D)(1998 bis 2003), Hasselt (B)(1997 bis 2008 / mit Einschränkungen) und Tallinn (EST). Das Experiment in der estnischen Hauptstadt wird derzeit ausgeweitet, während in anderen Städten der kostenlose Nahverkehr aus finanziellen Gründen wieder aufgehoben bzw. deutlich eingeschränkt (z. B. auf Senioren, Bedürftige etc.) wurde, trotz teilweise angestiegener Fahrgastzahlen.

 

 

 

Ziele / Wirkungen:

 

Vorteile eines „kostenlosen“ ÖPNV:

 

  • Unter Umweltaspekten ist durch einen potentiellen Rückgang des Kfz-Verkehrs und einer Verkehrsberuhigung mit einer Verringerung der Emissionswerte für Lärm, Stickoxide und Feinstaub sowie einer Verringerung der Unfallzahlen auszugehen.
  • Unter sozialen Aspekten wird die Teilhabe an der Mobilität für alle Bevölkerungsschichten verbessert.
  • Aus städtebaulicher Sicht können die Zentren gestärkt werden.
  • Unter ökonomischen Aspekten können sich Einsparungen aus den komplexen Ticket- und Tarifstrukturen ergeben.

Nachteile und Risiken:

 

  • Aus den vorangestellten Beispielen ist beobachtet worden, dass der Zugewinn der Fahrgäste überwiegend aus dem Bereich der Fahrradfahrer und Fußgänger rekrutiert worden ist. Der Umstieg vom Auto auf Bus und Bahn ist dagegen relativ selten und konterkariert damit die umweltpolitischen Ansätze.
  • Nach Angaben des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) würden sich bei Einführung eines kostenlosen ÖPNV bundesweit Mindereinnahmen (Verluste der Fahrgeldeinnahmen) von rund 12 Mrd. € pro Jahr. Zusammen mit den Regionalisierungsmitteln ist dann von insgesamt 25 Mrd. € pro Jahr auszugehen. Diesbezüglich gibt es auch keine allgemeine Förderzusage durch die Bundesregierung.
  • Eine Umsetzung kann auf Grund der intensiven Pendlerverflechtungen in einer Stadt-Umland-Beziehung nur großräumig erfolgen und nicht auf Teilräume beschränkt bleiben (z. B. Gemeinde oder Landkreis).
  • Empirisch wurde teilweise eine sachfremde Benutzung des ÖPNV beobachtet.
  • Ebenfalls ist nachgewiesen worden, dass bei einem bereits guten ÖPNV-Angebot eine noch stärkere Inanspruchnahme erfolgt, während schwächere Angebote, wie sie insbesondere im ländlichen Raum vorherrschen, kaum nennenswerte Fahrgastzuwächse aufweisen.
  • Auf Grund der bereits heute existierenden Kapazitätsengpässe auf den wichtigen Nahverkehrsverbindungen (SPNV und ÖPNV) sind weitere erhebliche Investitionen notwendig, um den Nahverkehr – Haltestellen und Fahrzeuge – bedarfsgerecht und attraktiv auszubauen (dichte Taktfolge, Schnelligkeit, Sauberkeit, Sicherheit, Verlässlichkeit). Bei den Planungsprozessen ist bis zur Umsetzung von langen Zeiträumen auszugehen.

 

 

 

 

 

Ressourceneinsatz:

 

Für den Bereich des Landkreises Peine wären Einnahmeverluste für die Busverkehrsunternehmen in Höhe von mehr als 4 Mio. € zu erwarten, die aus dem Haushalt ausgeglichen werden müssten.

 

Zuzüglich würden Kosten für eine Machbarkeitsuntersuchung entstehen.

 

 

 

Schlussfolgerung:

 

Die Vergabe einer Machbarkeitsuntersuchung kann unter den oben genannten Aspekten nicht empfohlen werden.

 

Ein kostenloser ÖPNV ist unter den derzeitigen Rahmenbedingungen grundsätzlich nicht finanzierbar. Vielmehr sind ggf. vorhandene Mittel in den Ausbau des Angebotes zu investieren, um den ÖPNV grundsätzlich attraktiver zu machen und zu einer Alternative zum Pkw zu entwickeln. Somit können auch die umweltpolitischen und städtebaulichen Ziele langfristig zu erreichen sein. Eine nennenswerte Erhöhung des ÖPNV-Anteils im Modal Split ist nur durch erhebliche Angebotsverbesserungen zu erreichen.

 

Aus sozialen Gesichtspunkten wäre es vertretbarer, wenn spezielle rabattierte Angebote für finanzschwächere Gruppen zur Verfügung stünden. Der Regionalverband sondiert in diesem Zusammenhang die Einführung eines verbundweiten Sozialtickets. Dies ist aber auch noch unter dem Aspekt der jeweiligen Finanzierbarkeit durch die einzelnen Verbandsglieder zu prüfen und zu entscheiden.


 

 


Antrag vom 22.02.2018

 

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Anlage zur Vorlage 2018/260 - Antrag DIE LINKE. vom 22.02.2018 - Machbarkeitsstudie zum Nulltarif im öffentlichen Busverkehr (454 KB)