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Vorlage - 2019/560  

Betreff: Umsetzung der Istanbul-Konvention im Landkreis Peine - Erhöhung des Förderbetrages für das Frauenhaus Peine
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
  Aktenzeichen:Ref.3
Federführend:Gleichstellungsbeauftragte Bearbeiter/-in: Lachmund, Elisabeth
Beratungsfolge:
Ausschuss für Gleichstellung, Arbeit und Soziales Vorberatung
18.11.2019 
17. Sitzung des Ausschusses für Gleichstellung, Arbeit und Soziales ungeändert beschlossen   
Kreisausschuss Vorberatung

Finanzielle Auswirkungen
Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n


 

Im Budget enthalten:

ja

Kosten (Betrag in €):

11.000 €

Mitwirkung Landrat:

ja

Qualifizierte Mehrheit:

nein

Relevanz

Gender Mainstreaming

ja

Migration

ja

Prävention/Nachhaltigkeit

ja

Bildung

nein

Klima-/Umwelt-/Naturschutz

nein

 

 


 

 


Zur Umsetzung der Istanbul Konvention im Landkreis Peine wird folgende Maßnahme beschlossen:

 

Für die Förderung des Frauenhauses über den bisherigen Festbetrag in Höhe von jährlich

165.000 € wird ab dem Haushaltsjahr 2020 eine Erhöhung um 11.000 € zur Umsetzung der „24 Stunden-Erreichbarkeit“ auf Honorarbasis als erste Maßnahme zur Umsetzung der Istanbul Konvention für den Landkreis Peine eingesetzt.

 

 

 


Inhaltsbeschreibung:

 

Das Thema “Umsetzung der Istanbul Konvention im Landkreis Peine” wurde im Frühjahr im AGAS vorgestellt. Die geplanten Gespräche mit dem Frauenhaus, der BISS Beratungsstelle häusliche Gewalt und der Beratungsstelle Heckenrose zur Ermittlung von Verbesserungsbedarf wurden geführt.

 

Ergebnis: Es hat sich in den letzten Jahren ergeben, dass der Unterstützungsbedarf der meisten Frauen und Kinder weit über die „Überwindung und Verarbeitung der erlebten Gewalt hinausgeht. Neben der erlebten häuslichen Gewalt haben Frauen häufig weitere Problemlagen wie Erlebnisse von Flucht und Vertreibung, unsicherer Aufenthaltsstatus, fehlende Sprach- und Rechtskenntnisse, Überschuldung und mehr.

 

Häufig leben zur selben Zeit Frauen aus sehr unterschiedlichen Kulturkreisen im Frauenhaus und auch die Verständigung untereinander ist aufgrund der Sprachbarrieren oftmals unterbrochen, so dass Missverständnisse und Konflikte einen guten Nährboden finden.

Ein Verbesserungsbedarf besteht also im Bereich der Kommunikation, des Dolmetschens in der täglichen Arbeit im Frauenhaus. Zurzeit nimmt das Frauenhaus Peine an einem landesweiten Projekt “Worte helfen Frauen“ zum Telefondolmetschen teil, dass aber Ende nächsten Jahres ausläuft. Ein Konzept wie das „Videodolmetschen“, dass auch vom Jobcenter genutzt wird, wäre für das Frauenhaus zu installieren, später vielleicht auch für BISS Beratung und Heckenrose.

 

Ist die Stimmung im Frauenhaus besonders angespannt, sind die Mitarbeiterinnen intern für die Frauen erreichbar. Aufgrund der personellen Ressourcen ist dies jedoch nicht immer bedarfsgerecht möglich. Unabhängig davon ist die Ableistung von Rufbereitschaften neben der ohnehin anspruchsvollen hauptamtlichen Arbeit im Frauenhaus für die Mitarbeiterinnen langfristig sehr belastend. Rufbereitschaft meint die 24-stündige Erreichbarkeit.

Dies wird in Peine noch durch die Mitarbeiterinnen des Frauenhauses gewährleistet, kann aber auf Dauer nicht mehr sichergestellt werden. Hier ist die Sicherstellung der Erreichbarkeit an 365 Tagen im Jahr durch 4-5 Honorarkräfte, die wöchentlich beschäftigt werden eine dringende Maßnahme, die noch für das Haushaltsjahr 2020 umgesetzt werden sollte (Kosten ca. 11.000 €).

 

Zur Auslastung des Frauenhauses kann folgendes gesagt werden:

Im Jahr 2018 mussten 91 Aufnahmeanfragen aufgrund von Platzmangel abgewiesen werden. Dem gegenüber stehen 35 Frauen mit 20 Kindern, welche Schutz und Unterkunft im Peiner Frauenhaus gefunden haben. Bis Mitte Oktober 2019 mussten bereits 67 Frauen abgelehnt bzw. weitervermittelt werden. 41 Frauen konnten aufgenommen werden.

Die Empfehlung der Istanbul- Konvention sieht ein Familienzimmer pro 10.000 Einwohner vor. Das entspräche einem Platzangebot für den Landkreis Peine von 13 Familienzimmern. Das Peiner Frauenhaus bietet derzeit acht Zimmer an, d. h. Platz für 8 Frauen und 12 Kinder.

Die Aufenthaltsdauer von besonders jungen Frauen, aber auch Frauen mit Migrationshintergrund verlängert sich, sodass diese Frauen zum Teil 6 – 12 Monate im Frauenhaus leben. Der Wohnungsmarkt in und um Peine hält für diese Frauen keinen Wohnraum vor.

Das Jobcenter hat insbesondere bei langen Frauenhausaufenthalten Schwierigkeiten, Kostenerstattungen geltend zu machen.

Aufgrund der geschilderten Problematiken sind in den nächsten Jahren weitere Maßnahmen umzusetzen:

Neben dem o.g. Videodolmetschen besteht einen zusätzlichen Förderbedarf zur Einrichtung und Betreuung einer 3-Zimmerwohnung.

Frauen, die bereits längere Zeit im Frauenhaus leben, stabilisiert sind und Hilfe im Übergang benötigen, können in die anzumietende Außenwohnung des Frauenhauses ziehen. In der Wohnung können 2-3 Frauen sowie 2-3 Kinder untergebracht werden. Dadurch werden im Frauenhaus Plätze für akut bedrohte Frauen und ihre Kinder frei.

Die Frauen, die in dieser Übergangswohnung leben, haben dann die Möglichkeit, das selbstständige Leben in den eigenen “vier Wänden” zu erproben. Dennoch werden sie weiter von den Mitarbeiterinnen des Frauenhauses unterstützt.

Lange Frauenhausaufenthalte bedeuten wechselnde Mitbewohnerinnen, wenig Privatsphäre und Stagnation bei der Entwicklung einer eigenen Lebensperspektive. So kann der Umzug in eine Wohnung Normalität, Ruhe und Fortschritt erreichen.

 

 

Ziele / Wirkungen:

 

Die Umsetzung der Istanbul Konvention im Landkreis Peine mit benannten Maßnahmen wie 24-Stunden Erreichbarkeit, Videodolmetschen und Einrichtung einer Dreizimmerübergangswohnung mit pädagogischer Begleitung trägt der veränderten Situation

im Frauenhaus Peine Rechnung: Frauen aus sehr unterschiedlichen Kulturkreisen, Verständigungsprobleme, veränderter erweiterter Unterstützungsbedarf betroffener Frauen sowie verlängerter Aufenthalt im Frauenhaus. Die Maßnahmen schaffen nötige Rahmenbedingungen, die allen Frauen in Notsituationen die Chance geben, mindestens eine Anlaufstelle zu finden, an die sie sich wenden können – schnelle und unkomplizierte Hilfe ist hierbei das Wichtigste. Deshalb ist es dringend notwendig die 24- Stundenerreichbarkeit schon für das Haushaltsjahr 2020 zu beschließen. Die weiteren Maßnahmen können dann für das nächste Haushaltsjahr entschieden werden.

 

 

Ressourceneinsatz:

 

Da die erforderlichen Haushaltsmittel in Höhe von 11.000 € gegenwärtig im Haushaltsentwurf noch nicht vorgesehen sind, sollen diese im Haushaltsvollzug mit Priorität ausgezahlt werden, sobald die Haushaltsgenehmigung seitens des Landes erfolgt ist bzw. sobald sich entsprechende finanzielle Möglichkeiten durch Einsparungen oder Mehreinnahmen ergeben.

Es wird angestrebt, dem Frauenhaus in zeitlicher Nähe zur Haushaltsgenehmigung eine verbindliche Förderzusage zu geben.

 

 

Schlussfolgerung:

 

Welche Finanzierungsmöglichkeit im Rahmen des vorhandenen Landkreisbudgets zur Umsetzung der Istanbul Konvention gewählt werden soll, ist politisch zu entscheiden.
 

 


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