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Vorlage - 2015/019  

Betreff: Aufnahme und Betreuung von Asylbewerbern/-innen - außerplanmäßige Aufwendungen
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Federführend:Dezernat 3 Bearbeiter/-in: Lachmund, Elisabeth
Beratungsfolge:
Ausschuss für Gleichstellung, Arbeit und Soziales
23.02.2015 
Ausschuss für Gleichstellung, Arbeit und Soziales ungeändert beschlossen   
Kreisausschuss
Kreistag des Landkreises Peine
11.03.2015 
Kreistag des Landkreises Peine ungeändert beschlossen   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

 

 

Für die Aufnahme und Betreuung von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern wird dem Maßnahmenpaket und den außerplanmäßigen Aufwendungen in Höhe von 500.000 € im Haushalt 2015 zugestimmt.

 

 


 

1. Maßnahmenpaket

Der Bund beabsichtigt in diesem und im nächsten Jahr je 500 Mio. € für die Aufnahme, Unterbringung, Versorgung und Gesundheitsversorgung von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern den Ländern zur Verfügung zu stellen. Das Land Niedersachsen wird einen Teil der Mittel zur Einrichtung eines vierten Standortes der Landesaufnahmebehörde in Osnabrück verwenden und ca. 40 Mio. € an die Kommunen weiterreichen. Nach einer Faustregel entfällt davon etwa 1% auf den Landkreis Peine. In diesem Fall sollen die etwa 40 Mio. € pro Kopf der tatsächlichen Leistungsempfänger verteilt werden. Legt man als Stichtag den 31.12.2013 und die Zahl der Leistungsberechtigten zu Grunde, wären dies 1.489,- € pro Kopf, legt man als Stichtag den 31.12.2014 zu Grunde, wären dies 1.060,- € pro Kopf. Inzwischen kursiert ein Pauschalbetrag von 1.300,- €; entscheidend aber ist auch hier zu welchem Stichtag (= Zahl der Leistungsberechtigten) man den Betrag in Beziehung setzt. Für den Stichtag 31.12.2014 werden die exakten Daten erst im Mai 2015 vorliegen, so dass mit den Mitteln für den Landkreis Peine frühestens im Juli 2015 zu rechnen ist, zumal Bund und Land noch die notwendigen verwaltungstechnischen und politischen Voraussetzungen schaffen müssen. Unterschiedliche Modellrechnungen der Landkreisverwaltung haben ergeben, dass mit einem Betrag von etwa 500.000,- € plus ggf. X zu rechnen ist.

 

In Gesprächen mit den Bürgermeistern, mit Vertreterinnen und Vertretern von Gemeinden, Wohlfahrtsverbänden, Kirchen, Ehrenamtlichen u.a. wurden die Grundzüge eines Konzepts für die Betreuung der Asylbewerberinnen und Asylbewerbern erarbeitet, an denen sich auch die Verteilung der Mittel orientieren soll. Dabei lässt sich der Landkreis von zwei Überlegungen leiten:

 

  1. Die ersten Schritte der Asylbewerberinnen und Asylbewerber sollen gut begleitet werden. Dazu wird eine standardisierte Erstorientierung entwickelt.
  2. Ziel ist die Integration in Arbeit, d.h. es sollen konkrete Schritte der Orientierung von der Einreise bis zum Arbeitsmarkt festgelegt werden.

 

Der Schlüssel, um sich in Peine und anderswo zurecht zu finden und später eine Arbeit aufnehmen zu können, ist die deutsche Sprache. Es ist erforderlich, möglichst frühzeitig mit den Sprachkursen zu beginnen. Die Kurse sollen dezentral in allen Gemeinden durchgeführt werden. Aufbaukurse, die teilweise dann auch schon berufsbezogen ausgelegt sind, finden zentral in Peine statt.

 

Ein wichtiger Bestandteil der Betreuung der Asylbewerber sind in der Stadt Peine bzw. in den Gemeinden angesiedelte Sozialarbeiter/-pädagogen. Es ist vorgesehen, dass jeder Gemeinde dafür 0,5, der Gemeinde Ilsede 0,75 und der Stadt Peine 2,0 Stellenanteile zur Verfügung gestellt werden. Aufgaben der Sozialarbeiter/-pädagogen sind u.a.

 

-          Die Beratung und Orientierungshilfe als Erstmaßnahme nach Eintreffen der Flüchtlinge in der Gemeinde/Stadt

-          Die Beratung in allen Fragen des täglichen Lebens, z.B.  Öffentlicher Personennahverkehr, Müllentsorgung

-          Unterstützung bei Behördengängen (Sozialamt, Jugendamt, Wohnungsamt), Anmeldung in Schule und Kindergarten

-          Beratung bei Fragen zur Gesundheitsversorgung, Kontakte mit Ärzten, Kliniken

-          Unterstützung bei der Beschaffung von dezentralem Wohnraum sowie der Wohnungseinrichtung

-          Zusammenarbeit mit Kirchengemeinden und Unterstützungsgruppen vor Ort

 

Darüber hinaus sind kollegiale Beratung und regelmäßige Treffen beim Landkreis Peine vorgesehen, um die standardisierte Erstorientierung und die Integration in Arbeit sicherzustellen.

 

 

 

Weitere Bausteine des Konzepts:

 

  • Den Gemeinden wird empfohlen runde Tische einzurichten und nach dem Vorbild von Wendeburg und Vechelde ehrenamtlich tätige Flüchtlingsbeauftragte zu installieren.
  • Um den Asylbewerberinnen und Asylbewerbern eine Tagesstruktur zu bieten, wird über gemeinnützige Arbeit in der Stadt und in den Gemeinden nachgedacht.
  • Um gerade in den ersten Monaten die Verständigung zu erleichtern, wird für Übersetzungstätigkeiten ein Pool aus Kulturdolmetschern, Migranten u.a. gebildet.
  • Für die Integration in Arbeit wird ein Netzwerk aus Jobcenter, Agentur für Arbeit, BBg, KVHS und freien Trägern konkrete Schritte entwickeln und Angebote zur Berufsberatung, Bewerbungshilfe und Anerkennungsberatung machen.
  • Im Bereich der Gesundheit wird geprüft, ob nach dem Bremer Vorbild die Einführung einer Gesundheitskarte auch im Bereich des Landkreises Peine möglich ist.
  • Bei den Kindertagesstätten und Schulen wird abgefragt, welchen Unterstützungsbedarf – besonders bei der Sprachförderung – sie benötigen.
  • Für die Beratung der Asylbewerberinnen und Asylbewerber spielt die Caritas eine zentrale Rolle. Es soll beobachtet werden, ob die durch die Einstellung der Sozialpädagogen beabsichtigte Entlastung eintrifft; ggfs. muss hier sonst nachgesteuert werden.
  • Ganz zentral für den Umgang mit den Asylbewerberinnen und Asylbewerbern  ist das ehrenamtliche Engagement. Denn es sorgt nicht nur für eine sinnstiftende Freizeitgestaltung, sondern beeinflusst die Integrationschancen der Flüchtlinge entscheidend. Zu nennen sind hier der Sport - mehrere Vereine haben sich bereits bereit erklärt, auf die Flüchtlinge zuzugehen und Angebote zu machen -, ehrenamtlich geführte Hausaufgabenhilfe, Deutschkurse, Paten u.v.m.

 

Der Landkreis beabsichtigt zur Unterstützung der ehrenamtlichen Arbeit jeder Gemeinde dafür pauschal einen Betrag von 5.000,- € und der Stadt einen Betrag von 10.000,- € zur Verfügung zu stellen. U.a. sollen daraus die Fahrkarten zu den Deutschkursen und Freizeitveranstaltungen finanziert werden.

 

Bei allen genannten Maßnahmen, Aufgaben und Projekten wird es ganz entscheidend darauf ankommen, sie gut zu koordinieren und ehrenamtliches und professionelles Engagement gut miteinander zu verknüpfen. Dies gilt für jede einzelne Gemeinde wie für den Landkreis insgesamt.

 

2. Haushaltsrechtliche Betrachtung

 

Da die Mittel des Bundes wahrscheinlich erst Mitte des Jahres fließen werden, angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen jedoch ein zügiges Handeln erforderlich ist, wird der Landkreis gegenüber den Gemeinden und der Stadt in Vorleistung gehen, so dass mit den Maßnahmen ab 01. März 2015 begonnen werden kann, sofern die Haushaltssatzung bis dahin genehmigt und veröffentlich ist.

Auch wenn die Mittel für die Maßnahmen durch den Bund bzw. das Land refinanziert werden, handelt es sich hier um außerplanmäßige Aufwendungen.

 

Diese dürfen nach § 115 Abs. 2 NKomVG keine Pflicht zum Erlass einer Nachtragshaushaltssatzung auslösen. Das bedeutet, dass weder ein erheblicher Fehlbetrag, noch eine erhebliche Mehraufwendung oder Mehrauszahlung bei einzelnen Haushaltspositionen im Verhältnis zu den Gesamtaufwendungen oder Gesamtauszahlungen erheblichen Umfang entstehen oder geleistet werden müssen. Das Aufwandsvolumen des Ergebnishaushaltes beträgt 230.045.300 €. Die genannten 500.000 € sind hiervon 0,2 % und damit nicht als erheblich anzusehen. Daher ist keine Nachtragshaushaltssatzung erforderlich.

Weiterhin müssen die Aufwendungen sachlich unabweisbar sein.

Eine sachliche Unabweisbarkeit liegt u.a. dann vor, wenn eine Mittelüberschreitung sachlich zwingend notwendig ist.

Dies ist durch die Zuweisung von mehr als 600 Asylbewerberinnen und Asylbewerbern allein bis September 2015 gegeben. Dies ist mit den vorhandenen Personalressourcen nicht zu handeln.

Ebenso sind die außerplanmäßigen Ausgaben zeitlich unabweisbar, denn sie können nicht bis zum Erlass der nächstjährigen Haushaltssatzung aufgeschoben werden. Die schwierige Situation der Flüchtlingsbetreuung erfordert zeitnahes Handeln. Eine Aufschiebung bis hin zum Erlass einer Nachtragshaushaltssatzung wäre zudem auch wirtschaftlich unzweckmäßig, da das hierzu erforderliche aufwändige Verfahren nicht notwendig ist, sondern wirtschaftlicher über das Verfahren einer außerplanmäßigen Aufwendung gestaltet werden kann. Die Deckung des außerplanmäßigen Bedarfs ist durch die angekündigten Bundes- bzw. Landesmittel gewährleistet.