Inhalt

Vorlage - 2016/031  

Betreff: Kinderarmut und Gesundheit
Status:öffentlichVorlage-Art:Informationsvorlage
Federführend:Fachdienst Jugendamt Bearbeiter/-in: Sorge, Annett
Beratungsfolge:
Jugendhilfeausschuss
12.04.2016 
Jugendhilfeausschuss zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlage/n

 

Chronologie:

 

Der Kreistag beschließt 2011/2012 den Handlungsschwerpunkt „Fortschreibung des Armuts- und Sozialberichts unter Berücksichtigung der Kinder- und Altersarmut“.

 

Im Juni 2012 wird der Bericht zur Armutssituation von Kinder und Jugendlichen im Landkreis Peine aus der Perspektive der Jugendhilfe im JHA vorgelegt.

 

Am 26. Februar 2013 wird im JHA der weiteren Vorgehensweise zum Umgang mit Kinder-/Jugend- und Familienarmut zugestimmt.

 

Am 13. Mai 2013 findet die erste Sitzung der Arbeitsgruppe zur „Erarbeitung von Handlungsempfehlungen…“ statt.

Insgesamt traf sich die Arbeitsgruppe in drei aufeinander folgenden Sitzungen und erarbeitete „Handlungsempfehlungen zur Bekämpfung von Armut und deren Folgen für Kinder, Jugendliche und deren Familien“.

 

Der Abschlussbericht wurde am 4. Februar 2014 im JHA vorgestellt.

 

Der JHA bildet eine neue Arbeitsgruppe, bestehend aus Mitgliedern des Ausschusses und befasst sich in zwei aufeinander folgenden Sitzungen mit den Handlungserfordernissen, mit dem Ziel, diese zu konkretisieren.

 

Der JHA nimmt in seiner Sitzung im Dezember 2014 die Ergebnisse zur Kenntnis und beschließt die Bildung eines Netzwerkes zum Thema Kinderarmut.

 

Am 27. Januar 2015 beschließt der JHA die Leitlinien zur Prävention und zur Linderung der Folgen von Kinderarmut.

 

Auf der Grundlage dieser Leitlinie fand am 7. Mai die erste Armutskonferenz für den Landkreis Peine statt.  Um einer inhaltlichen Konkretisierung möglicher Handlungsempfehlungen gerecht zu werden, werden die Sitzungen der Armutskonferenz so gestaltet werden, dass jeweils ein Schwerpunktbereich bearbeitet wird. Dadurch wird gewährleistet, dass im Rahmen der Sitzungsvorbereitungen die erforderlichen Informationen zielgerichtet eingeholt werden und die Auswahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie, die Einbeziehung von Betroffenen sich an der Themenstellung orientiert.

Das Ergebnis der ersten Armutskonferenz zum Thema „Essen für jedes Kind“ wurde im JHA im September 2015 vorgestellt.

 

Der Schwerpunkt der zweiten Armutskonferenz war das Thema „Kinderarmut und Gesundheit“. In zwei aufeinanderfolgenden Sitzungen (Januar und Februar 2016) wurden die im Folgenden inhaltlichen Aspekte diskutiert und Handlungsempfehlungen erarbeitet.

 

Für Juni 2016 ist die Vorlage eines aktualisierten Armutsberichtes aus der Perspektive der Jugendhilfe vorgesehen, in dem neben der Darstellung von Daten und Fakten, insbesondere auch auf Entwicklungen und besondere Problemfelder aufmerksam gemacht werden wird. Mögliche, sich bereits jetzt abzeichnende Handlungsfelder und ggf. Handlungsempfehlungen wird der Bericht ebenfalls berücksichtigen.

 

 

 

 

 

 

Zusammengefasste Ergebnisse der Armutskonferenzen zum Themenschwerpunkt

Kinderarmut und Gesundheit

am 21. Januar und am 25. Februar 2016

 

Auszug aus der Leitlinie zur Prävention von Kinderarmut und zur Linderung der Folgen von Kinderarmut:

 

- Strategien für das Aufwachsen im Wohlergehen -

 

  1. Gesundheit fördern


Bewegung spielt für die gesunde Entwicklung von Kindern eine zentrale Rolle. Über Bewegung entwickeln Kinder Lebenskompetenzen und ein soziales Miteinander. Die Schuleingangsuntersuchungen sowie die Untersuchungen der 4-jährigen im Kindergarten weisen immer wieder auf motorische Probleme und auf Bewegungsauffälligkeiten, auch auf adipöse Kinder, hin.  Als Risikofaktoren werden in den jährlichen Berichten Erwerbslosigkeit und Bildungsferne benannt.

Gesundheitsfördernde, integrative und inklusive Bewegungsangebote zur vielseitigen, ganzheitlichen Bewegungsförderung von Kindern im Vorschul- und Grundschulalter sollen in Kooperation mit dem Kreissportbund Peine und seinen

Sportvereinen auf- und ausgebaut werden.

 

Auch eine bewegungsanregende Planung und Gestaltung des öffentlichen Raumes trägt dazu bei, das Thema Gesundheit im Bewusstsein von Kindern und Familien zu verankern.
 

 

Bezogen auf die Themenstellung und die Aussagen der Leitlinien, wurde gezielt das Gespräch mit dem Kreissportbund gesucht.

 

Sport ist eine sinnvolle Möglichkeit u.a. für adipöse Kinder in Bewegung zu kommen und Spaß zu haben. Da es immer wieder vorkommt, dass betroffene Kinder, bzw. deren Eltern Angebote nicht annehmen, geht der Kreissportbund den Weg, „hin zu den Kindern“.

Die Angebote richten sich direkt an Kindertagesstätten und (Grund-) Schulen.

 

Mit dem Kreissportbund (Herrn Laaf und Herrn Klemm) wurden entsprechende Gespräche geführt. Der Kreissportbund ist derzeit in zahlreichen Projekten und Maßnahmen in Kindertagesstätten und Grundschulen tätig. Viele Maßnahmen im Landkreis sind durch den Kreissportbund entwickelt worden z.B.: Rezept für Bewegung, Maßnahmen im direkten Kontakt mit Kindern (Spiel, Spaß Bewegung) oder die Aus- und Fortbildung von Multiplikatoren (Schulsportassistenten, Erzieherausbildung) um die Nachhaltigkeit der Maßnahmen sicher zu stellen.

 

Fazit: der Landkreis Peine unterstützt den KSB bereits mit einer halben Stelle. Die Ressourcen die sich daraus ergeben sind ausreichend, um die zahlreichen Projekte umzusetzen. Weitere Mittel werden derzeit nicht für erforderlich gehalten. Herr Laaf betont, dass es wichtig sei, den Landkreis in der „Hinterhand“ zu wissen, um im Falle, das Mittel zusätzlich benötigt würden, abgesichert zu sein.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Darüber hinaus wurden in den beiden Sitzungen folgende Problemfelder diskutiert:

 

  1.      Weiterentwicklung der Präventionskette

Die Konzentration der präventiven Hilfen liegt eindeutig in dem Bereich der Frühen Hilfen (0 – unter 6 Jahren). Hier wurden in den vergangen Jahren viele Angebote (Elba, Familienhebammen…), aber auch strukturelle Maßnahmen (Elterncafés in den Gemeinden/Stadt…) umgesetzt. Lt. verschiedener Umfragen* wird häufig bemängelt, dass „die gute Unterstützung“ mit dem Schuleintritt verloren geht.

Auch von Seiten verschiedener Kinderärzte wird angemerkt, dass es für die Altersgruppe 6plus, keine Ansprechpartner z.B. analog zu Elba gibt. Hier ein entsprechendes, niedrigschwelliges Angebot zu schaffen erscheint sinnvoll.

(* eigene Befragung mit Betroffenen, Dokumentation zur Bedarfserhebung zur gesundheitlichen Lage von Alleinerziehenden und ihren Kindern im Rems-Muss-Kreis, u.a.)

 

  1.      Erfahrungen aus den Schuleingangsuntersuchungen und den ambulanten Diensten des Jugendamtes zeigen, dass der unmittelbare persönliche Kontakt mit Hilfesystemen, während oder direkt nach der Untersuchung hilft, Möglichkeiten der Unterstützung in die Wege zu leiten. Spätere Versuche, Eltern zu motivieren, oder zu hoffen, dass Eltern selbstständig im Interesse ihrer Kinder tätig werden, um diese beispielsweise im Sportverein anzumelden oder anderweitig Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen, laufen häufig ins Leere.

Es muss daher überlegt werden, wie die Schuleingangsuntersuchung gestaltet werden müssten, um eine schnelle und direkte Kontaktanbahnung mit den Hilfesystemen sofort gewährleisten zu können.

 

  1.      Es zeigte sich in beiden Sitzungen, dass es eine Vielzahl von Angeboten und Unterstützungsmöglichkeiten gibt. Es ergaben sich keine Vorschläge für neue, zusätzliche Maßnahmen. Allerdings wurde festgestellt, dass die Schwierigkeit darin liegt, die jeweiligen Personengruppen zu erreichen, für die diese Angebote eigentlich einmal entwickelt wurden. Prospekte reichen hier bei Weitem nicht aus. Um die Zielgruppe zu erreichen, bedarf es der persönlichen Ansprache.

 

  1.      Lt. einer aktuellen Studie des Paritätischen, wächst die Hälfte der in Armut lebenden Kinder bei Alleinerziehenden auf. Dieses scheint sich auch bei den Zahlen für den Landkreis Peine abzuzeichnen (Erhebung läuft derzeit). Kinder von Alleinerziehenden sind auch eine Zielgruppe, die bei den Schuleingangsuntersuchungen schlechter abschneidet. Mit dem Verband Alleinerziehender in Hannover, als auch mit Betroffenen aus dem Landkreis Peine wird derzeit gesprochen. Ergebnisse aus den Gesprächen werden im derzeit zu aktualisierenden Armutsbericht (im Juni) vorgestellt werden.

 

 

  1.      Es gibt eine Reihe von Netzwerkgruppen, die direkt oder indirekt mit dem Thema „Kindergesundheit“ zu tun haben. Diese Netzwerke müssen sich verstärkt auch mit dem Thema „Kindergesundheit – Bildung – Armut“ auseinandersetzen und untereinander transparent zeigen. Es macht wenig Sinn, eine langfristig neue Arbeitsgruppe zu installieren.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Handlungsempfehlungen die sich die aus den o.g. Diskussionspunkten ergeben:

 

  1. Die Schuleingangsuntersuchungen werden durch pädagogische Fachkräfte „begleitet“, bzw. diese stehen auf Abruf zur Verfügung, um sofort bei der Feststellung von Defiziten, mit Einverständnis der Betroffenen in einen persönlichen Kontakt treten zu können. Gemeinsam mit Arzt, Eltern und Sozialpädagogen können erforderliche Angebote sofort besprochen und durch die Sozialpädagogik begleitet werden.

Dieses erfordert klare Verbindlichkeiten, so dass im Bedarfsfall auch tatsächlich Fachkräfte zur Verfügung stehen.

 

Hierzu werden sowohl Gespräche mit dem Kinderschutzbund, als auch mit dem Paritätischen geführt, die beide ihre grundsätzliche Bereitschaft signalisiert haben eine derartige Aufgabe erfüllen zu wollen.

 

Aufgabenstellung: Begleitung der Familien, Aufbau und Anbahnung von Kontakten zu den unterschiedlichsten Hilfesystemen und/oder Unterstützungsmöglichkeiten (z.B.: Sportverein…). Mit welchem personalen Aufwand dieser inhaltlich und vor allem zeitliche umfassende Aufgabenbereich (die Schuleingangsuntersuchungen ziehen sich über mehrere Monate im Jahr) zu bewerkstelligen ist, muss noch detailliert ermittelt  werden.

 

 

  1. Analog zu Elba und dem  Angebot der Elterncafés in den Kindertagesstätten wird ein neues Angebot für Eltern von ü6- Kindern, als Weiterentwicklung der Präventionskette geschaffen, bzw. ausgebaut. Dabei werden bestehende Infrastrukturen (Familienzentren, Grundschulen) mit einbezogen. Das Angebot bildet ein niedrigschwelligen Zugang zu Familien und kann, ähnlich wie die Elterncafés auch für Beratungsangebote genutzt werden.

 

 

  1. Um positiven Einfluss auf Eltern nehmen zu können, werden Maßnahmen (Erholungs- und Ferienmaßnahmen) für Eltern mit Kindern gefördert, wenn sie konkrete Pädagogische- oder Gesundheitsaspekte zum Thema haben (z.B.:  Ernährungsfragen). Verbände und andere Träger werden aufgerufen verstärkt die Familie als Zielgruppe in den Blick zu nehmen und die Möglichkeiten einer ungezwungenen Atmosphäre, zum Beispiel im Rahmen von Familienerholungsmaßnahmen auch für die pädagogische und gesundheitliche Einflussnahme zu nutzen.

Unabhängig von der klaren Zielsetzung  derartiger Maßnahmen bedeutet allein der Charakter einer Ferien-/Urlaubsmaßnahme für die Familien einen Gewinn.

Es gibt Träger, die bereits Eltern in Freizeitmaßnahmen integrieren (z.B.: Kinderschutzbund), dennoch soll dieser Bereich deutlich verstärkt werden. Diesbezüglich sind Gespräche mit den Trägern zu führen und entsprechende Fördermöglichkeiten zu eröffnen.