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Vorlage - 2017/024  

Betreff: Vertretung für die Gleichstellungsbeauftragte
Status:öffentlichVorlage-Art:Informationsvorlage
Federführend:Gleichstellungsbeauftragte Bearbeiter/-in: Lachmund, Elisabeth
Beratungsfolge:
Ausschuss für Gleichstellung, Arbeit und Soziales
03.04.2017 
Ausschuss für Gleichstellung, Arbeit und Soziales ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Anlage/n

 

Nach § 9 Abs. 2 Satz 2 i.V. mit Abs. 5 Satz 1 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG) hat der Hauptverwaltungsbeamte (Landrat) die Gleichstellungsbeauftragte in allen Angelegenheiten, die ihren Aufgabenbereich der berühren, rechtzeitig zu beteiligen und ihr die erfor­derlichen Auskünfte zu erteilen. Insbesondere gilt dieses bei Personal­ange­legen­heiten; § 9 Abs. 5 Satz 2 NKomVG.

Wie jetzt bekannt geworden ist, hat das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen (OVG) bereits mit Beschluss vom 17.08.2015 ein Stellenbesetzungsverfahren für rechtswidrig erklärt, weil die Gleichstellungsbeauftragte nicht ordnungsgemäß beteiligt wurde.

Allerdings liegt dieser Entscheidung nicht ein Sachverhalt zugrunde, bei dem die Gleichstellungsbeauftragte der verurteilten Kommune keine Stellvertreterin hatte. Vielmehr hatte es die Stellvertreterin der Gleichstellungs­beauftragten abgelehnt, sich an unterwertigen Stellenbesetzungsverfahren zu beteiligen und in der Folge wurde unzulässig ersatzweise eine vorhandene „örtliche Frauenbeauftragte“ an diesen Verfahren beteiligt.

Die betroffene Kommune hat die Beteiligung in dieser Form durchgeführt, obwohl „örtliche Frauenbeauftragte“ nicht den Status der Gleichstellungsbeauftragten hat. Diesen hat nur die Gleichstellungsbeauftragte selbst bzw. im Vertretungsfall ihre Vertretung. Mit der Beteiligung der „örtlichen Frauenbeauftragten“ wurde gegen die Pflichten zur Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten aus dem NKomVG verstoßen.

Der zitierte Beschluss des OVG Niedersachsen basiert nicht auf einer als zwingend beurteilten persönlichen Teilnahme der Gleichstellungsbeauftragten am Vorstellungsgespräch, sondern auf einem gravierenden Verfahrensfehler. Nämlich der „Nichtbeteiligung“ der Gleichstellungsbeauftragten gem. NKomVG, sondern Beteiligung einer völlig unzuständigen „örtlichen Frauenbeauftragten“ am Verfahren.

Aus dem Beschluss des OVG Niedersachsen ist nicht abzuleiten, dass die Gleichstellungsbeauftragte bei jeder Personalauswahl in Person teilnehmen muss. Allerdings muss bei Personalangelegenheiten ihre rechtzeitige Beteiligung gem.                 § 9 NKomVG gewährleistet sein. Das OVG Niedersachsen hat klargestellt, dass zumindest eine Beteiligung in der Form erfolgen muss, dass die Gleichstellungs­beauftragte (oder ihre Stellvertretung) die vorgesehene Maßnahme auf Verträglichkeit mit dem NGG prüfen kann. Erst dann kann die Gleichstellungsbeauftragte oder ihre Vertretung im Rahmen des zur Verfügung stehenden Ermessens über Umfang sowie Art und Weise der Mitwirkung entscheiden.

Auch wenn das OVG Niedersachsen von einem grundsätzlichem „Pflichtrecht“ der Gleichstellungsbeauftragten zur Teilnahme an Vorstellungsgesprächen und Auswahl­ent­schei­dungen spricht, relativiert das OVG dieses gleichermaßen in der Feststellung, dass es im Ermessen der Gleichstellungsbeauftragten steht, den Umfang und die Art und Weise der Wahrnehmung der Rechte zu entscheiden. Zumindest muss die Gleichstellungsbeauftragte die getroffene Entscheidung überprüfen auf Verträglichkeit mit dem Niedersächsischen Gleichberechtigungs­gesetz (NGG). Wenn sie dieser Verpflichtung nachgekommen ist, kann sie in eigener Verantwortung über die weiteren Schritte entscheiden.

 

Zusammenfassend ist festzustellen:

-          Die Gleichstellungsbeauftragte ist (persönlich, oder im Vertretungsfall eine Stellvertretung) in Stellen­besetzungs­verfahren einzubinden im Rahmen Ihrer Rechte aus § 9 NKomVG

-          Eine Verpflichtung zur höchstpersönlichen Teilnahme an allen Vor­stellungs­gesprächen besteht nicht

-          Es reicht, die Gleichstellungsbeauftragte über vorgesehene Personal­maßnahmen rechtzeitig zu informieren und ihr die Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte zu geben.

-          Wenn die Gleichstellungsbeauftragte im Rahmen ihres Ermessens bei der Personalentscheidung keine Gründe sieht, eine Verletzung der gleich­berechtigten Partizipation von Frauen und Männern an der Besetzung von Stellen geltend zu machen, ist eine Stellenbesetzung auch ohne persönliche Teilnahme zulässig.

-          Unter Wahrung der seitens des OVG aufgeworfenen Problemstellungen ist die Dienstanweisung für Personalauswahlverfahren für den Landkreis Peine zur Klarstellung neu zu fassen.

-          Der Landkreis Peine ist aus § 8 NKomVG grundsätzlich nur verpflichtet, eine Gleichstellungsbeauftragte mit mindestens der Hälfte der wöchent­lichen Arbeitszeit zu beschäftigen. Tatsächlich erfolgt eine Beschäfti­gung in Vollzeit.

-          Im Rahmen der Priorisierung von Aufgaben muss die Gleichstellungs­beauftragte (oder im Vertretungsfall eine ggf. vorhandene Stell­ver­tre­tung) im Rahmen des ihr zur Verfügung stehenden Ermessens über Wahr­nehmung (Teilnahme bzw. Nichtteilnahme) bzw. Einplanung von Terminen bei Personalentscheidungen eigenständig entscheiden. Natürlich sind dabei bereits vorhandene Terminplanungen der Gleichstellungsbeauftragten angemessen zu berücksichtigen.

 

Eine rechtzeitige Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten bei Personal­ent­scheidungen ist schon bisher beim Landkreis Peine unproblematisch, da eine Einbindung bereits jetzt von Beginn an (Stellenaus­schrei­bung) erfolgt. Auch im weiteren Verfahren ist die Gleichstellungsbeauftragte zu jedem Zeitpunkt informiert und kann im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens die Vereinbarkeit mit dem NGG beurteilen.

Im Abwesenheitsfall können aber die nun vom Oberverwaltungsgericht noch einmal herausgearbeiteten Anforderungen an die Beteiligung seitens der Kreisverwaltung mangels einer vorhandenen Stellvertretung nicht eingehalten werden.

Das würde bedeuten, dass bei Abwesenheit der Gleichstellungsbeauftragten in der bisherigen Konstellation keine rechtssicheren Stellenbesetzungsverfahren durchgeführt werden können.

Es ist deshalb sinnvoll, eine Stellvertretung der Gleichstellungsbeauftragten für den Vertretungsfall zu berufen, um den vom OVG noch einmal verdeutlichten Vorgaben des NKomVG zu genügen.

Um rechtssichere Verfahren gewährleisten zu können, wird deshalb eine Stellvertretung durch den Kreisausschuss zu berufen sein. Dazu bedarf es einer Veränderung der vorhandenen personellen Situation. Statt einer Sekretariatskraft mit 0,63 Stellenanteil          (EG 6) sollte künftig eine Stellvertreterin der Gleichstellungsbeauftragten mit einer Vollzeitstelle eingesetzt werden (angenommener Stellenwert EG 9). Bis zur Verabschiedung des Stellenplans 2018 würde zunächst eine befristete Lösung einvernehmlich gemeinsam mit der Gleichstellungsbeauftragten herbeigeführt. Schlussendlich sind mit der personellen Veränderung Mehrkosten von 29.400 € verbunden (höhere Eingruppierung und Ausweitung Stellenanteil um 0,37 Stelle).