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Vorlage - 2009/101  

Betreff: Auswirkungen des Urteils des Bundessozialgerichtes vom 13. Nov. 2008 zur pauschalen Aufwandsentschädigung für Arbeitsgelegenheiten und zu zusätzlichen Fahrtkostenerstattungen
Status:öffentlichVorlage-Art:Informationsvorlage
Federführend:33 - Fachdienst Arbeit Bearbeiter/-in: Homann-Pohl, Kerstin
Beratungsfolge:
Ausschuss für Frauen, Arbeit und Soziales
25.05.2009 
Ausschuss für Frauen, Arbeit und Soziales ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Anlage/n

Urteil Bundessozialgericht

Urteil Bundessozialgericht

 

Grundlage

 

Der Klage zugrunde lag das Ersuchen eines Leistungsempfängers gem. SGB II, zuzüglich zu der Mehraufwandsentschädigung in Höhe von € 1,00 die Übernahme der Fahrtkosten in Höhe von € 51,90 zu erstatten, da ihm die Übernahme der Fahrtkosten aus der gezahlten Mehraufwandsentschädigung nicht zuzumuten sei und die Angemessenheit der Entschädigung nur dann als solche gewertet werden könne, wenn die Mehraufwendungen, hier Fahrtkosten, zusätzlich übernommen werden würden.

Zudem habe die Entschädigung nach dem SGB II einen Anreiz zu schaffen, diese Art der Tätigkeit überhaupt aufzunehmen. Die Entschädigung dürfe zwar nicht so hoch wie ein durchschnittlicher Stundenlohn sein- aber auch nicht derart niedrig, dass sie die Anreizfunktion in Gänze verliere. Unter Berücksichtigung der sonstigen Arbeitslosengeld II- Leistungen und der Mehraufwandsentschädigungen( hier € 130,00) abzüglich der Fahrtkosten hielt der Leistungsempfänger seine Entschädigung, umgerechnet in Höhe von € 5,99 Stundenlohn für nicht angemessen.

 

Die Klage wurde mit der Begründung abgewiesen, dass dem Leistungsempfänger eine angemessene Entschädigung für seine Mehraufwendungen zur Verfügungen stünde, die u. a. Fahrtkosten, Ernährung, Bekleidung etc. berücksichtige.

Diese Entschädigung darf lt. Bundessozialgericht zudem nicht so hoch sein, dass diese zusammen mit dem Arbeitslosengeld II eine Art „Stundenlohn“ wie in einem Arbeitsverhältnis ergebe. Diese Kriterien werden von der Mehraufwandsentschädigung von € 1,00 pro Stunde- auch unter Berücksichtigung der entstehenden Fahrtkosten- erfüllt, da diese in dem besagten Fall nur 40% der regelmäßig durch die Tätigkeit mit MAE erworbenen finanziellen Mittel ausmachten. ( € 51,90 von € 130,00)

 

Zudem werde bei einer Arbeitsgelegenheit kein Arbeitsentgelt oder Lohn gezahlt, da es sich nicht um ein Arbeitsverhältnis handelt. Der Leistungsempfänger/ die Leistungsempfängerin erhalte eine Mehraufwandsentschädigung, die eine Sozialleistung darstelle und kein Einkommen. Diese werde zusätzlich und ohne jegliche Einschränkung oder Abzüge zum Arbeitslosengeld II gewährt.

 

Ein Anspruch auf die Erstattung der geltend gemachten Fahrtkosten wurde abgelehnt.

Es besteht kein Anspruch darauf, dem Leistungsempfänger zusätzlich zu den ihm bereits gewährten € 1,00 pro Stunde die Fahrtkosten in tatsächlicher Höhe zu erstatten.

Ausgangspunkt ist, dass dem Teilnehmer/ der Teilnehmerin an einer Maßnahme eine Entschädigung für diejenigen Aufwendungen geleistet wird, die ursächlich auf die Wahrnehmung der Arbeitsgelegenheit zurückzuführen sind und die ohne die „Arbeitsleistung“ nicht anfallen würden.

 

Das Bundessozialgericht führt weiter aus, dass die Mehraufwandsentschädigung nicht deshalb gezahlt werde, weil der Leistungsempfänger Tätigkeiten verrichte, sondern deshalb, weil ihm durch die Wahrnehmung der Arbeitsgelegenheit Mehraufwendungen entstehen.

Als „durch die Arbeit“ bedingter Mehrbedarf kommen dabei in erster Linie Fahrtkosten in betracht, jedoch ist auch ein Mehrbedarf für Arbeitskleidung, Körperreinigung, zusätzliche Kosten für Wäsche waschen etc. denkbar.

Die Aufwandsentschädigung muss sich an dem tatsächlichen erforderlichen Aufwand orientieren und so bemessen sein, dass diese zusätzlichen Aufwendungen aufgrund des

„1- Euro- Jobs“ nicht aus dem sonstigen Arbeitslosengeld II bestritten werden müssen. Nur bei sehr großen Entfernungen (und entsprechenden Fahrtkosten) oder ungewöhnlich hohem Bedarf an Kleidung könnte ggf. die Mehraufwandsentschädigung nicht ausreichen. Der Grundsicherungsträger kann sich angesichts dessen auch nicht auf eine Pauschalierung der Leistung  bzw. eine pauschale Abgeltung des Mehraufwands berufen.

 

 

In jedem Fall sind lt. Gerichtsurteil die Kosten der Fahrkarte durch die Mehraufwandsentschädigung (bei 30 Std. pro Woche à € 1,00 = € 130,00) gedeckt, so dass ein zwar geringer- aber nicht als Einkommen zu berücksichtigender Betrag- als „Anerkennung“ für die Aufnahme einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung gewertet werden kann.

 

 

Aktuelle Situation Fachdienst Arbeit, Landkreis Peine

 

Der LK Peine, FD Arbeit, zahlt bisher eine Mehraufwandsentschädigung (MAE) in Höhe von € 1,00 pro Stunde. Zusätzlich werden die jeweils anfallenden tatsächlichen Fahrtkosten erstattet. Der FD 33 vertritt die Auffassung, dass der tatsächliche Aufwand eines Leistungsempfängers/ einer Leistungsempfängerin mit den jeweils aufzuwendenden Fahrtkosten steigt bzw. fällt.

Leistungsempfänger/ innen, die einen weiten Weg zum Maßnahmeträger zurücklegen müssen, haben höhere Fahrtkosten als diejenigen zu tragen, die in direkter Nähe zum Maßnahmeträger wohnen.

Einerseits werden mit diesem Verfahren Ungerechtigkeiten vermieden und andererseits aus wirtschaftlichen Gründen mögliche Mitnahmeeffekte, da ausschließlich die tatsächlich entstandenen Fahrtkosten übernommen werden.

 

 

Auswirkungen des Urteils

 

Das Bundessozialgericht hat festgestellt, dass es sich bei Tätigkeiten mit Mehraufwandsentschädigungen um Sozialleistungen und nicht etwa um Arbeitsentgelt/ Arbeitslohn handelt.

Zudem soll mit der Mehraufwandsentschädigung auch kein Anreiz eines dauerhaften Verbleibs geschaffen werden. Das BSG hat ausdrücklich einen zusätzlichen Anspruch auf Fahrtkostenerstattung abgelehnt.

Dieses bedeutet, dass die Mehraufwandsentschädigung für alle zusätzlichen Aufwendungen geleistet wird, die dem Leistungsempfänger/ der Leistungsempfängerin durch die Tätigkeit entstehen.

Dem Leistungsempfänger/ der Leistungsempfängerin ist bei Aufnahme einer Arbeitsgelegenheit eine angemessene Aufwandsentschädigung zu zahlen. Die Höhe wird dabei nicht gesetzlich festgelegt. Die fachlichen Empfehlungen der Bundesagentur für Arbeit führen dazu lediglich aus, dass die Mehraufwandsentschädigung als pauschalierte Leistung gewährt werden kann.

 

Das Bundessozialgericht erklärt in seiner Entscheidung, dass die Mehraufwandsentschädigung sich an dem tatsächlich erforderlichen Aufwand des Leistungsempfängers/ der Leistungsempfängerin orientieren muss. Daraus kann lt. Bundessozialgericht allerdings nur abgeleitet werden, dass die Mehraufwandsentschädigung so bemessen ist, dass die zusätzlichen Leistungen, die aufgrund der Arbeitsgelegenheit entstehen, nicht aus den sonstigen Arbeitslosengeld II- Leistungen bestritten werden müssen.

Muss sich die Entschädigung an den tatsächlichen Leistungen orientieren, so widerspricht dieses grundsätzlich einer pauschalen Gewährung.

Der tatsächliche Aufwand steigt oder fällt mit den aufzuwendenden Fahrtkosten, da bei einem weiten Weg zum Maßnahmeträger zweifellos höhere Fahrtkosten entstehen.

Im LK Peine sind keine derart weiten Entfernungen vom Wohnort zum Maßnahmeort vorhanden, so dass die entstehenden Fahrtkosten nicht annähernd an die gezahlte Mehraufwandsentschädigung in Höhe von € 130,00 heranreichen.

Es ist daher auch ein erheblich höherer Aufwand im Einzelfall nicht begründbar.

 

Auch eine pauschale Anhebung der Mehraufwandsentschädigung nach dem Gerichtsurteil ist nicht zu begründen, da weder eine erhebliche Steigerung der Benzinkosten noch der Fahrpreise des Öffentlichen Personennahverkehrs zu verzeichnen ist.

 

 

 

Die Umsetzung des Urteils im Hinblick auf die Erstattung von Fahrtkosten wird voraussichtlich Schwierigkeiten bei der Besetzung von Arbeitsgelegenheiten außerhalb des unmittelbaren Wohnumfeldes auslösen. Es ist anzunehmen, dass die Akzeptanz von Arbeitsgelegenheiten als arbeitsmarktpolitisches Instrument sinkt.

 

Der FD 33 muss aufgrund des BSG-Urteils seine bisherige Verfahrensweise umstellen und kann Fahrtkosten künftig nicht mehr zusätzlich zur Mehraufwandsentschädigung nach tatsächlichem Aufwand erstatten.