Inhalt

Auszug - Zweiter Sachstandsbericht über die Flüchtlingsarbeit im Landkreis Peine  

Ausschuss für Gleichstellung, Arbeit und Soziales
TOP: Ö 9
Gremium: Ausschuss für Gleichstellung, Arbeit und Soziales Beschlussart: ungeändert beschlossen
Datum: Mo, 28.09.2015 Status: öffentlich
Zeit: 17:05 - 18:40 Anlass: Sitzung
Raum: Kreishaus-Kantine
Ort: Burgstr. 1, 31224 Peine
2015/146 Zweiter Sachstandsbericht über die Flüchtlingsarbeit im Landkreis Peine
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Informationsvorlage
Federführend:Dezernat 3 Bearbeiter/-in: Lachmund, Elisabeth
 
Wortprotokoll

 

FBL Dr. Buhmann stellt seinen Ausführungen zur Vorlage zwei Punkte voran. Zum einen sei es an der Zeit, auch im Namen des Landrates einen öffentlichen Dank an die vielen Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, auszusprechen. Es werden Arbeitszeit, Arbeitskraft und Spenden in großem Umfang eingebracht und es gelte, das ehrenamtliche Engagement professionell zu begleiten. Ferner gelte der Dank auch denen, die in der Verwaltung arbeiten und die aktuellen Herausforderungen mit hoher Einsatzbereitschaft angingen. Im Kreisausschuss werde in der Sitzung am         7. Oktober 2015 über zusätzlichen Personalbedarf beraten.

 

Zum anderen handele es sich derzeit um die größte Flüchtlingsbewegung weltweit seit dem 2. Weltkrieg. Diese treffe auf eine ausgeprägte Willkommenskultur, löse aber auch Ängste in der Bevölkerung aus. Laut einer aktuellen Umfrage haben 38 % der Menschen Ängste. Bundespräsident Gauck habe von „Sorgenden und Bewegten“ gesprochen und Ministerpräsident Weil die derzeitige Situation als Notlage beschrieben. Es sei Aufgabe der Politik, die Chancen der Flüchtlingsbewegung sehr zu betonen, dabei aber auch auf die Ängste einzugehen und die Risiken nicht zu verschweigen.

 

Nachfolgend hebt FBL Dr. Buhmann einige Punkte aus der Vorlage besonders hervor. Der Landkreis habe die Stadt und die Gemeinden zum aktuellen Sachstand der Flüchtlingsunterbringungen befragt und biete eine gemeinsame Planung dazu an. Bei den Sprachkursen für Erwachsene sei der Landkreis gut gerüstet und für den        5. Oktober 2015 gebe es eine Einladung zu einem Runden Tisch. Zielsetzung sei es u.a., zunächst auf allen Homepages der Gemeinden und der Stadt und anschließend auch auf der des Landkreises Informationen zu Hilfsangeboten zu veröffentlichen.

 

 

 

 

 

 

Auch habe der Landkreis mit 48 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen zu rechnen. Das sei inhaltlich ebenfalls eine große Herausforderung, führe aber offenbar nicht zu zusätzlichen Kosten.

 

Insgesamt seien zur Finanzierung folgende Sachstände zu berichten:

 

Der Bund werde eine Zahlung in Höhe von 4,1 Milliarden Euro an die Länder leisten, die aber für alle Leistungen im Zusammenhang mit Flüchtlingen sein solle. Da die Länder die Erstaufnahmeeinrichtungen betreiben, werde ein entsprechender Anteil auf jeden Fall bei den Ländern verbleiben.

 

Für das Jahr 2015 werde der Bund neben den bereits geleisteten bzw. feststehenden Zahlungen von zweimal 0,5 Milliarden Euro eine weitere Milliarde Euro bereitstellen.

 

Das Land Niedersachsen werde von den 300 Millionen Euro, die im Jahr 2016 an die Landkreise und kreisfreien Städte zu zahlen seien, 180 Millionen Euro auf das Jahr 2015 vorziehen.

 

Die Finanzierung für das Jahr 2016 sei insgesamt noch mit großen Unsicherheiten behaftet und sehr spekulativ. Der Bund gehe derzeit von 800.000 Flüchtlingen aus und rechne mit monatlichen Kosten pro Person in Höhe von 670 Euro. Allerdings lasse die Aussage von Finanzminister Schäuble, dass 2016 erst Ende 2016 endgültig abgerechnet werde, hoffen.

 

Inzwischen sei Konsens, dass sich die Kosten pro Flüchtling für Lebensunterhalt, Unterkunft und Krankenkosten pro Jahr auf mindestens 10.000 Euro belaufen. Teilweise werde auch von 12.500 oder 15.000 Euro, vereinzelt sogar von noch höheren Beträgen ausgegangen.

 

Von 1.500 Flüchtlingen im Jahr 2016 ausgehend sei damit ein Finanzbedarf von        ca. 15.000.000 Euro zuzüglich der Kosten für Personal und Integration absehbar. Wie hoch auf der Einnahmeseite die Erstattungen von Bund und Land ausfallen, sei derzeit nicht seriös planbar. Insofern passe es gut, dass die Verabschiedung des Haushalts auf den Januar 2016 verschoben worden sei.

 

KTA Plett fragt nach, ob demnach im Jahr 2015 sogar mit einem Plus abgeschlossen werden könne und ob Zahlungen auch direkt an die Gemeinden gingen.

 

FBL Dr. Buhmann verweist auf die Antwort von Herrn Heinisch bei TOP 7, wonach eine Budgetverbesserung zunächst einmal ein geplantes Defizit verringert. Ein Plus könne im Jahr 2015 theoretisch erreicht werden, weil Zahlungen des Landes für 2016 vorweggenommen würden. Diese würden dann wiederum im Jahr 2016 fehlen. Es müsse ein Weg gefunden werden, diese vorweggenommenen Zahlungen dem Jahr 2016 als Einnahme zuzuordnen.

 

Zahlungen vom Land direkt an die Gemeinden gebe es nicht, da die Aufgaben beim Landkreis lägen. Lediglich die Suche von Unterkünften sei an die Gemeinden abgegeben, nicht deren Finanzierung.

 

KTA Plett erkundigt sich, inwieweit die Umstellung auf Sachleistungen im Landkreis Peine zum Tragen kommt.

 

FBL Dr. Buhmann erläutert, dass diese Umstellung nur in den Erstaufnahmeeinrichtungen zur Anwendung gelänge.

 

 

 

KTA Schlaugat merkt an, dass der Bund für die Bankenkrise 28,5 Milliarden Euro und damit weitaus mehr als 4,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt habe. Sie gehe davon aus, dass die 4,1 Milliarden Euro nicht ausreichen werden und bittet darum, ständig auf dem neuesten Stand gehalten zu werden, welche Beträge hier ankämen, um ggf. Druck auf Bundes- und Landespolitik ausüben zu können.

 

Außerdem fragt KTA Schlaugat, ob unter den bisher angekommenen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen auch Mädchen seien.

 

FBL Dr. Buhmann antwortet, dass es sich bisher nur um Jungen handelt.

 

KTA Meyermann sieht den Landkreis Peine im Umgang mit den aktuellen Herausforderungen gut aufgestellt. Sie halte mit ihrer Fraktion aufgrund der neuen Flüchtlingszahlen aber eine Verdopplung der bisherigen Stellen für Sozialarbeiter/innen für erforderlich. Auch sei es sehr begrüßenswert, dass sich Runde Tische etabliert hätten. Abschließend wäre sie noch an einer Einschätzung hinsichtlich der Gesundheitskarte interessiert und fragt nach dem Abrechnungs- verfahren von Arztkosten auf Basis des derzeitigen Systems mit Krankenscheinen.

 

FBL Dr. Buhmann kündigt eine Beschlussvorlage zur Aufstockung der Stellen für Sozialarbeiter/innen an. Diese werde keine pauschale Verdopplung von Stellenanteilen vorsehen, sondern eine Ausweitung der Stellenanteile über plausible Fallschlüssel präferieren. Zu einem Runden Tisch werde für den 5. Oktober 2015 eingeladen, u.a. auch alle Bürgermeister. Es werde darum gehen, das Zusammenspiel zu optimieren und Abläufe zu systematisieren. Der Gesetzentwurf zur Gesundheitskarte sehe vor, die Entscheidung über die Einführung den Ländern zu überlassen. Sollte es so kommen, würde die beauftragte Krankenkasse dem Landkreis die entstandenen Kosten nebst einer Aufwandspauschale in Rechnung stellen. Eine Veränderung des Leistungsspektrums sei nicht vorgesehen.

 

Frau Bialek ergänzt, dass die Abrechnung derzeit über die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) erfolge.

 

KTA Waldeck erkundigt sich, welche Pläne das Land Niedersachsen zur Einführung der Gesundheitskarte hat.

 

Dem Vorsitzenden, KTA Möhle, ist das zurzeit noch nicht bekannt.

 

KTA Konrad fragt, inwieweit das Land bestehende Absichten zur Erhöhung der Pauschale in die Tat umgesetzt habe.

 

FBL Dr. Buhmann antwortet, dass die Kommunen eine Dynamisierung der Pauschale fordern. Das Land habe die Pauschale jedoch nicht angepasst, sondern nur einmalige zusätzliche Leistungen zur Pauschale erbracht.

 

KTA Klinke bezieht sich auf eine Rüge der EU, wonach in Deutschland zu wenig abgeschoben werde. Er möchte wissen, wie es sich mit der Thematik im Landkreis Peine verhält.

 

FBL Dr. Buhmann verweist darauf, dass es aktuell noch rund 200.000 unbearbeitete Asylanträge gibt, wo schon deshalb eine Abschiebung ausscheide. Ferner stehe in jedem Fall der Rechtsweg offen und es gebe die Härtefallkommission. Insgesamt seien bisher im Jahr 2015 lediglich 15 Personen abgeschoben worden.

 

 

 

 

Frau Bialek fügt an, dass es auch häufig Abschiebungshindernisse gebe, mit denen sich die Ausländerbehörde auseinanderzusetzen habe.

 

Der Vorsitzende, KTA Möhle, regt einen kurzen Bericht der Ausländerbehörde zu diesem Themenkreis für die nächste Sitzung an.

 

KTA Thiemann fragt nach, wie die Ausgabe von Krankenscheinen an Flüchtlinge abgewickelt wird.

 

Laut Frau Bialek werden die meisten Krankenscheine hier ausgegeben, weil sie in der Regel für akute Erkrankungen benötigt würden, wo der Postweg über die Sozialarbeiter/innen der Gemeinden zu lange dauern würde. Es sei aber grundsätzlich auch möglich, den Krankenschein an die Sozialarbeiterin bzw. den Sozialarbeiter der Gemeinde zu schicken, um die Wege für die Flüchtlinge zu verkürzen.

 

KTA Waldeck möchte wissen, ob die Ausstellung von Krankenscheinen auch auf die Gemeinde delegiert werden könnte.

 

FBL Dr. Buhmann verweist noch einmal auf die Entwicklungen in Sachen Gesundheitskarte als den vielversprechenderen Ansatz. Es sei nicht zielführend, einzelne Aufgaben, die unmittelbar zu Ausgaben führten, auf die Gemeinden zu delegieren. 

 

Dr. Arnold berichtet davon, dass an einem Tag 59 Sudanesen aufgenommen werden mussten, von denen 29 innerhalb eines Tages Impfungen erhalten mussten. Die Abwicklung habe trotz des bestehenden Verfahrens mit den Krankenscheinen gut funktioniert, weil alle Beteiligten bei Bedarf flexibel agierten.

 

KTA Waldeck merkt an, dass sie das Verfahren im Regelfall trotzdem für zu umständlich halte, ein Abwarten der Einführung der Gesundheitskarte aber in Ordnung sei.

 

Frau Tödter hält es im Rahmen von Gender Mainstreaming für notwendig, die Zahlen der Flüchtlinge nach Geschlecht und kultureller Zugehörigkeit auszuwerten, um passgenaue Maßnahmen anbieten zu können. Zwar wissen wir, dass es sich bei den Flüchtlingen überwiegend um junge allein reisende Männer (80%) handelt, aber differenzierte Daten wären schon hilfreich, um z.B. zu wissen, wieviel abschließbare Räume und Unterkünfte es für weibliche Flüchtlinge braucht (Unterbringung) oder welche spezielle psychotherapeutischen Hilfsangebote besonders für Frauen, die ja häufiger auch von sexueller Gewalt betroffen sind, können wir vermitteln? Ihr ist auch wichtig, den Flüchtlingen nicht nur die deutsche Sprache zu vermitteln, sondern auch die hier geltenden Wertvorstellungen und Inhalte des Grundgesetzes. Insbesondere seien für sie die Gleichberechtigung der Geschlechter und die Religionsfreiheit bzw. die Trennung von Staat und Religion (säkulare Gesellschaft) zu nennen, um noch einmal das Statement von Frau Schlaugat aufzugreifen.

 

KTA Schlaugat bittet um Informationen zu einem geplanten Faltblatt des Landkreises für Flüchtlinge.

 

FBL Dr. Buhmann berichtet von einer Arbeitsgemeinschaft innerhalb der Kreisverwaltung, die sich zum Ziel besetzt habe, eine solche Broschüre bis               ca. November 2015 erstellt zu haben. Diese werde wesentliche Informationen für Flüchtlinge beinhalten, jedoch nicht ausreichend sein, um Wertvorstellungen bzw. innere Haltungen zu verändern.

 

 

 

KTA Meyermann empfiehlt die Informationen auf www.zeit.de, der Vorsitzende,          KTA Möhle, verweist auf die Angebote des NDR, die es auch in anderen Sprachen gebe.

 

Der Vorsitzende, KTA Möhle, schließt den Tagesordnungspunkt mangels weiterer Wortmeldungen ab.