Inhalt

Vorlage - 2020/644  

Betreff: Insolvenzverfahren Klinikum Peine gGmbH
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Federführend:Fachdienst Finanzen Bearbeiter/-in: Scholz, Imme
Beratungsfolge:
Kreisausschuss Vorberatung
Kreistag des Landkreises Peine Entscheidung
20.05.2020 
19. Sitzung des Kreistages des Landkreises Peine geändert beschlossen   

Finanzielle Auswirkungen
Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Präsentation der Firma hcb (Berater des Landkreises Peine)  


 

Im Budget enthalten:

ja

Kosten (Betrag in €):

0 €

Mitwirkung Landrat:

ja

Qualifizierte Mehrheit:

nein

Relevanz

Gender Mainstreaming

nein

Migration

nein

Prävention/Nachhaltigkeit

nein

Bildung

nein

Klima-/Umwelt-/Naturschutz

nein

 

 


 

 


 

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, die abschließende Entscheidung zum Kauf der Klinikum Peine gGmbH vorzubereiten. Voraussetzung ist eine nachhaltige Reduzierung der Altschulden.
  2. Die Verwaltung wird auf Grundlage der ab dem 19.05.2020 vorliegenden Angebote Dritter prüfen, ob der Betrieb der Klinikum Peine gGmbH gemeinsam mit einem Dritten zielführend ist.
  3. Voraussetzung für den Erwerb ist weiter, dass die Stadt Peine dem Landkreis eine dauerhafte Beteiligung an der Klinikum Peine gGmbH zusagt.
  4. Die Verwaltung wird beauftragt, Vorbereitungen zur Herstellung der Betriebsfähigkeit durch entsprechende Ausschreibungen einzuleiten.

 

 


Inhaltsbeschreibung:

 

Im Rahmen der Beschlussvorlage 2020/633 wurde ausführlich das bisherige Verfahren zum Klinikum Peine dargestellt. Seit der Sitzung des Kreisausschusses am 22.04.2020 sind weitere Verhandlungen und Vorbereitungen erfolgt, die einen Erhalt des Klinikums Peine zum Ziel haben.

 

Da die Frist zur Abgabe eines indikativen Angebotes erst am 18.05.2020 endet und daher erst am 19.05.2020 die Bewerberlage bekanntgegeben wird, können sich hinsichtlich des aktuellen Beschlussvorschlages noch Veränderungen ergeben. Zu Einzelheiten kann daher erst am 20.05.2020 mündlich Stellung bezogen werden. Ggf. wird daher ein geänderter Beschlussvorschlag zur Abstimmung vorgelegt werden müssen.

 

Mit dem Beschluss wird die Verwaltung zunächst ermächtigt, weitere Maßnahmen einzuleiten. Nach Abschluss der Verhandlungen wird der Kreistag gemäß § 58 Absatz 1 Ziffer 11 oder 12 NKomVG die Entscheidung über die Übernahme der Klinikum Peine gGmbH zu treffen haben. Die wirtschaftliche Bestätigung bedarf anschließend noch gemäß § 152 der Genehmigung der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde.

 

Seit der Sitzung des Kreisausschusses am 22.04.2020 sind umfangreiche Tätigkeiten seitens der Verwaltung, des vorläufigen Sachwalters und des Gläubigerausschusses durchgeführt worden.

 

Um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Klinikums zum Verbleib beim Klinikum Peine zu bewegen, wurden über den Gläubigerausschuss Auszahlungen von grundsätzlichen Entgeltansprüchen der Monate Januar und Februar 2020 genehmigt.

 

Am 06.05.2020 erfolgte ein Gespräch zwischen Vertretern des Landkreises und der Betriebsratsvorsitzenden des Klinikums Peine sowie dem beauftragten Rechtsanwalt, in dem deutlich gemacht wurde, dass der Landkreis Peine die große Absicht hat, das Klinikum zu erhalten. Ein grobes medizinisches Konzept wurde vorgestellt. Es wurde auch dargelegt, dass es unbedingt erforderlich ist, das Klinikpersonal zu halten, da es ohne Personal schwierig wird, das Krankenhaus weiter zu führen. Seitens der Betriebsratsvorsitzenden wurde erklärt, dass sie für einen weiteren Verbleib des Personals werben wird.

 

Es erfolgten weiterhin Gespräche mit möglichen weiteren Kaufinteressenten, in denen geklärt wurde, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Kooperation mit dem Landkreis Peine möglich ist. Die Optionen reichen von einem Geschäftsbesorgungsvertrag über eine gemeinsame Übernahme von Geschäftsanteilen bis hin zu der Variante, dass Interessenten 100 % der Anteile übernehmen wollen.

 

Da die Frist zur Abgabe eines indikativen Angebotes erst am 18.05.2020 endet und daher erst am 19.05.2020 die Bewerberlage bekanntgegeben wird, kann erst dann beurteilt werden, ob eine Kooperation mit einem strategischen Partner möglich ist. Hierüber kann erst in der Sitzung am 20.05.2020 berichtet werden.

 

Es erfolgten zudem Prüfungen mit einem Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, welche verschiedenen Auswirkungen sich bei unterschiedlichen Konstellationen ergeben. Bei Übernahme der Gesellschaft wird Grunderwerbssteuer fällig, die sich nicht nach dem Kaufpreis richten wird, sondern nach einem Bedarfswertverfahren ermittelt wird, bei der Grundstücksgröße und Bodenwert, Bruttogrundfläche und Baujahr der Immobilie berücksichtigt werden. Die Höhe der Grunderwerbssteuer wird vom zuständigen Finanzamt ermittelt.

 

Es wurde auch geprüft, ob eine Trennung von Immobilie und Klinikbetrieb steuerlich sinnvoll sein könnte. Dadurch könnte für den späteren Fall einer Insolvenz die Liegenschaft für den Landkreis gesichert werden. Steuerrechtliche Vorteile sind nicht erkennbar, da als Folge der Umsatzsteuerbefreiung des Klinikums keine Möglichkeit des Vorsteuerabzugs vorhanden ist.

 

Seitens des beauftragten Beratungsunternehmens wird aktuell erarbeitet, wie ein zukünftiges medizinisches Konzept aussehen könnte und welche finanziellen Erfordernisse sich für den Landkreis Peine daraus ergeben könnten. Aufgrund der Kürze der in einem Insolvenzverfahren vorhandenen Zeiten wird über das Ergebnis in der Sitzung berichtet werden.

 

 

In Anbetracht der Situation, dass auch die Möglichkeit besteht, dass nach Verstreichen der Angebotsfrist kein weiterer ernsthafter Interessent an einer Übernahme des Klinikums Peine vorhanden ist und damit wegen fehlender Fortführungsprognose eine Schließung des Krankenhauses droht, soll zur Sicherstellung der wohnortnahen Krankenhausversorgung der Bevölkerung des Landkreises Peine ein Erwerb der Klinikum Peine gGmbH erfolgen. Im Rahmen des Insolvenzverfahrens werden nach gegenwärtiger Kenntnis die bestehenden Verbindlichkeiten entfallen. Lediglich für ein mit Grundpfandrechten abgesichertes Darlehen könnten Ausgleichszahlungen in Höhe von rund 8 Mio. € erforderlich werden, wenn nicht aus anderen rechtlichen Ansprüchen heraus eine Deckung erfolgen kann. Hierzu finden gegenwärtig noch Gespräche mit dem vorläufigen Sachwalter und dem Vorstand des AKH Celle statt. Hier kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass Zahlungen seitens des Landkreises Peine erforderlich werden, die über dem bisher vorgesehenen Kaufpreis von 1 € liegen.

 

Wie bereits dargestellt, wird der Ankauf der Gesellschaft nach Auskunft der beratenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaft/Steuerberatungsgesellschaft grunderwerbssteuerpflichtig werden. Der Wert des bebauten Grundstücks wird von Seiten des zuständigen Finanzamtes ermittelt und wird voraussichtlich über dem Bilanzwert liegen, da zwischenzeitlich der Grundstückswert gegenüber dem Zeitpunkt der Übertragung im Jahre 2003 gestiegen ist. Ausgehend von dem derzeitigen Bilanzwert muss von einer Steuerzahlung von deutlich mehr als 1 Mio. € ausgegangen werden.

 

Es finden weiterhin Verhandlungen mit der Stadt Peine und den weiteren Gemeinden des Landkreises Peine hinsichtlich einer Beteiligung statt. Bisherige Erkenntnisse zeigen eine grundsätzliche Bereitschaft an einer Beteiligung, die sich als Übernahme von Geschäftsanteilen oder als Beteiligung an Verlusten darstellen kann. Eine Prüfung der steuerrechtlichen Auswirkungen hat ergeben, dass ein späterer Verkauf von Geschäftsanteilen an z.B. die Stadt Peine keine zusätzlichen Grunderwerbssteuerzahlungen erfordern würden.

 

Zum jetzigen Zeitpunkt ist trotz entsprechender Hinweise durch den vorläufigen Sachwalter bzw. das beauftragte Unternehmen kein Bewerber bekannt, der ein Angebot abgeben wird, gemeinsam mit dem Landkreis Peine die Klinikum Peine gGmbH zu erwerben und zu betreiben. Da die Frist zur Abgabe eines Angebotes erst am 18.05.2020 endet, kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass noch entsprechende Angebote erfolgen. Für diesen Fall wird die Verwaltung beauftragt, Verhandlungen dahingehend aufzunehmen, dass dem Landkreis Peine im Gegenzug zur finanziellen Beteiligung umfangreiche Mitbestimmungsrechte eingeräumt werden, so dass deutliche Verbesserungen gegenüber den bisher im Verbund mit dem AKH Celle vorhandenen Rechten eintreten.

 

Bei Übernahme der Gesellschaft ist es erforderlich, möglichst umgehend eine überwiegende Trennung vom AKH Celle herbeizuführen. Es werden daher neben der Besetzung einer Geschäftsführung und mehrerer Chefarztstellen auch Entscheidungen hinsichtlich der Wahrnehmung des operativen Geschäftsbetriebes durch z.B. Personalverwaltung, Einkauf und anderen Leistungen erforderlich werden. Die Verwaltung wird daher beauftragt, bereits vor endgültiger Entscheidung über den Ankauf des Klinikums Maßnahmen vorzubereiten bzw. einzuleiten, damit die Betriebsfähigkeit bei Betriebsübergang gesichert werden kann.

 

Im Rahmen des Insolvenzrechts ist der vorläufige Sachwalter bzw. ab 01.06.2020 der Insolvenzverwalter verpflichtet, die Insolvenzmasse zur Befriedung der Gläubiger zu erhalten bzw. nur unwesentlich zu mindern. Da nach den bisherigen Kalkulationen nicht gesichert ist, dass ab 01.06.2020 die monatlichen Einzahlungen die Auszahlungen decken, droht eine sofortige Schließung, sofern nicht eine Deckung von möglichen Defiziten gesichert ist. Diese Deckung kann z.B. durch Zahlungen des AKH Celle als Muttergesellschaft oder ein Darlehen gegen Abtretung von nachträglichen Zahlungen der Krankenversicherer erfolgen. Die Prüfung dieser Ansprüche ist noch nicht abgeschlossen. Sollten diese Ansprüche nicht umgesetzt werden können, droht die Schließung des Klinikums im Insolvenzverfahren. Damit wäre die Krankenhausversorgung des Landkreises Peine nicht mehr sichergestellt, so dass die Voraussetzungen für eine zeitliche und sachliche Unabweisbarkeit gemäß § 117 NKomVG für außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen vorliegen. Das Klinikum Peine gGmbH kalkuliert für die Monate Juni bis August mit ergebniswirksamen Defiziten von monatlich rund 700.000 €. Inwieweit diese zahlungswirksam werden, ist nicht dargelegt, sollte jedoch unter diesem Wert liegen, da z.B. Abschreibungen unberücksichtigt bleiben. Für die möglichen betroffenen Monate sollte daher ein Betrag von 2,5 Mio. € ausreichend sein, um Verluste zu decken, soweit keine andere Deckungsmöglichkeit feststellbar sein sollte. Die Deckung würde innerhalb des Haushaltes 2020 erfolgen. Vermutlich werden Sanierungsmaßnahmen an Straßen und Gebäuden zeitlich verschoben werden müssen.

 

 

Im Rahmen der Übernahme der Gesellschaft ist jedoch zu erwarten, dass sich in den nächsten Jahren Verluste ergeben werden, die zu decken sein werden. Die Höhe der Verluste/Gewinne werden derzeit unter Berücksichtigung des vorgesehenen medizinischen Konzeptes durch das beauftragte Beratungsunternehmen ermittelt. Es muss jedoch davon ausgegangen werden, dass es mehrere Millionen Euro sein werden. Dieses hat zur Folge, dass sich negative Auswirkungen auf die Ergebnisrechnungen des Landkreises der nächsten Jahre ergeben werden. Insbesondere ist dabei zu berücksichtigen, dass sich als Folge der Corona-Pandemie erhebliche Reduzierungen der Steuereinnahmen der Gemeinden und damit zeitverzögert der Kreisumlageeinnahmen des Landkreises Peine ergeben werden. Es muss derzeit davon ausgegangen werden, dass ab dem Jahr 2021 die Aufstellung von Haushaltssicherungskonzepten erforderlich werden. Damit einher wird die Reduzierung von Aufwendungen gehen, so dass es zu Einschränkungen der bisherigen Leistungen des Landkreises Peine kommen wird. Aufwendungen für den Erhalt des Klinikums werden daher zu Lasten von anderen Leistungen des Landkreises für seine Einwohnerinnen und Einwohnern gehen.

 

 

 

Ziele / Wirkungen:

Durch die Maßnahmen soll die wohnortnahe Krankenhausversorgung der Einwohnerinnen und Einwohner des Landkreises Peine gesichert werden.

 

Ressourceneinsatz:

Vorerst stehen zur Finanzierung aus gebildeten Haushaltsresten insgesamt 20 Mio. € für Anschaffungen bzw. Ankäufe und 18 Mio. € für Liquiditätsdarlehen zur Verfügung. Finanzmittel für zukünftige Verlustausgleiche bzw. investive Maßnahmen stehen noch nicht zur Verfügung und sind ggf. im Rahmen eines Nachtragshaushaltes bzw. im Rahmen der Haushaltsplanungen der Jahre 2021 ff. zu berücksichtigen.

Die Aufwendungen der gutachterlichen Beratung der Verwaltung zur Vorbereitung einer endgültigen Entscheidung werden aus dem laufenden Haushalt gedeckt.

 

Schlussfolgerung:

Die dargestellten Maßnahmen sind erforderlich, um das Klinikum Peine zu erhalten und in kommunaler Trägerschaft zu führen.


 

 


Präsentation der Firma hcb (Berater des Landkreises Peine)

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Präsentation der Firma hcb (Berater des Landkreises Peine) (2207 KB)      
Stammbaum:
2020/644   Insolvenzverfahren Klinikum Peine gGmbH   Fachdienst Finanzen   Beschlussvorlage
2020/644-01   Insolvenzverfahren Klinikum Peine gGmbH - Ergänzungsvorlage   Fachdienst Finanzen   Beschlussvorlage