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Vorlage - 2014/181  

Betreff: Kinderarmut - Auswirkungen, Folgen, Maßnahmen
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Federführend:Fachdienst Jugendamt Bearbeiter/-in: Sorge, Annett
Beratungsfolge:
Jugendhilfeausschuss
02.12.2014 
Jugendhilfeausschuss ungeändert beschlossen   
Kreisausschuss

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Anlage zu Vorlage 181/2014 zu TOP 7 - Armutsbericht PDF-Dokument

Unter Federführung des Jugendamtes wird ein Netzwerk zum Thema Kinderarmut installiert.


Armut bei Kindern ist eine komplexe Herausforderung, denn (Kinder)Armut und soziale Ausgrenzung sind vielschichtig und haben viele Gesichter. Die Benachteiligung eines Kindes kann sich materiell äußern (Kleidung, Wohnung, Nahrung), sozial (soziale Kontakte, soziale Kompetenzen), gesundheitlich (physisch und psychisch) und kulturell (Sprache, Bildung, kognitive Entwicklung). Nicht selten ist die Lebenslage eines armutsbetroffenen Kindes durch multiple Deprivation gekennzeichnet. Plakativ formuliert heißt das: Arme Kinder sind weniger gesund, haben weniger Bildungschancen, können weniger an Kultur und Sport teilhaben, haben weniger soziale Kontakte, mehr Ängste, ein negatives Selbstbild und – in der Selbsteinschätzung – häufig eine negativere Zukunftsperspektive.

 

Eine kindbezogene Armutsprävention zielt darauf ab, armen Kindern jene Entwicklungsbedingungen zu eröffnen, die ihnen ein Aufwachsen im Wohlergehen ermöglichen; dabei sind immer gleichzeitig die Eltern mit im Blick zu haben bzw. mit zu unterstützen. Es geht um Teilhabe an den Möglichkeiten einer gelingenden Entwicklung und sozialpolitisch damit auch um ein Stück Zukunftssicherung des Landkreises. Die Prävention von armutsbetroffenen und armutsgefährdeten Kindern muss dabei zwei Ebenen miteinander verknüpfen: die strukturelle Absicherung (armutsfeste Grundsicherung, Präventionsketten) und die individuelle Förderung bzw. Stärkung. Dazu bedarf es eines integrierten Gesamtansatzes: „(Kinder)Armutsprävention als kommunale Handlungsstrategie“ wie auch komplexer Teilansätze, so Gerda Holz anlässlich des    JHA-Workshops am 04.12.2009. Kindern einen guten Start ins Leben zu ermöglichen, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die das  Zusammenspiel von allen Akteuren    „rund ums Kind“ auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene erfordert. Kommunale Handlungsoptionen berücksichtigen dies vor Ort bei der Entwicklung von Strategien, Projekten und Maßnahmen gegen Kinderarmut.

 

Der JHA hat sich in der Vergangenheit mehrfach mit dem Thema Kinderarmut auseinandergesetzt. Auf den Vortrag von Gerda Holz wurde bereits hingewiesen. Im     Jahr 2012 hat die Jugendhilfeplanung einen Bericht zur Armutssituation von Kindern und Jugendlichen im Landkreis Peine aus der Perspektive der Jugendhilfe vorgelegt. Dieser Bericht enthält ausführliches Datenmaterial und geht auf die Merkmale, Auswirkungen und Folgen von Armut ein. Im Jahr 2013 hat eine Arbeitsgruppe unter Leitung der Jugendhilfeplanung eine Zusammenfassung zur Entwicklung von Handlungs-empfehlungen zum Umgang mit Kinderarmut und zur Prävention von Kinderarmut sowie zur Bekämpfung der Folgen von Kinderarmut im Landkreis Peine vorgelegt. Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Arbeitsgruppe waren Wohlfahrtsverbände, Kinderschutzbund, Kirchen, Schulen, Stadtelternrat, Jugendverbände, Jugendpflegen, die Fachdienste Gesundheit, Soziales, Jugendamt. Unter der Überschrift „Bedarfe, Ziele, Handlungsempfehlungen“ werden 10 Punkte aufgelistet, die im Anhang noch einmal auf   6 Punkte verdichtet werden: materielle Grundversorgung, physische und psychische Gesundheit, Bildung und Förderung, soziale und kulturelle Teilhabe, emotionale Zuwendung / Bindung sowie Akzeptanz / Wertschätzung. Die Themen und Handlungs-schwerpunkte der Arbeitsgruppe wurden schließlich 2014 durch eine Arbeitsgruppe des JHA ergänzt, konkretisiert und mit weiteren Anregungen versehen.

 

 

 

 

 

 

 

Zu folgenden Handlungsbereichen wurden Maßnahmen vorgeschlagen:

 

  1. Information und Schulessen
  2. Beratung
  3. Bildung
  4. Psychische Beeinträchtigungen
  5. Mobilität
  6. Frühkindliche Förderung
  7. Jugendarbeit und Sport
  8. Umgang mit zur Verfügung stehenden Ressourcen
  9. Übergang Schule – Beruf
  10. Beteiligung

 

Das Papier ist als Anlage beigefügt.

 

Das Spektrum der Aktivitäten zum Thema Kinderarmut im Landkreis Peine ist bereits sehr groß. Der Landkreis, die Wohlfahrtsverbände, Kirchen, Stiftungen, Service Clubs u.a. machen Angebote für in Armut lebende Kinder und deren Familien. Es gibt eine Vielfalt an strukturellen und individuellen Maßnahmen (Ausbau der frühen Hilfen, Familienzentren, Ausbau der Kinderbetreuung und des Ganztagsschulangebots, Schulsozialarbeit, Angebot an nachholenden Schulabschlüssen, Übergangsmanagement, Schulessen, Beratungs- und Teilhabeangebote (BuT) usw.). Angesichts dieser Vielfalt gibt es eine gewisse Unübersichtlichkeit, aber auch ausgeprägte Fachlichkeit und großes Engagement.

Was fehlt, ist ein Überblick, wer bereits was mit welchen Zielgruppen und Zielsetzungen macht; was fehlt, ist eine Rückkoppelung der vorgeschlagenen Maßnahmen an schon bestehende Strukturen und Unterstützungsleistungen bzw. Überlegungen dazu, wie Maßnahmen zur Kinderarmut in bereits vorhandene Strukturen eingespeist werden können, um ein Nebeneinander von Projekten zu verhindern. Letztlich braucht es auch eine Priorisierung der Ziele nach Gewichtung und auf der Zeitachse.

 

Um bereits Vorhandenes mit neuen Strukturen, Projekten und Ideen zu verknüpfen, bedarf es der Vernetzung aller in diesem Handlungsfeld agierenden Akteure vor Ort, der gesteuerten gemeinsamen und partnerschaftlichen Planung, Ausrichtung, Bündelung und Umsetzung von Maßnahmen gegen die Kinderarmut im Landkreis Peine. Die Koordination, intern wie extern, und die Steuerungsverantwortung für das Netzwerk ist Aufgabe des Jugendamtes und hier der Jugendhilfeplanung. Regelmäßige Treffen der Akteure zu den von Gerda Holz so genannten „komplexen Teilansätzen“ sollen dazu dienen, die Maßnahmen untereinander und aufeinander abzustimmen sowie die von den Arbeitsgruppen vorgeschlagenen Maßnahmen abgestimmt auf den Weg zu bringen. Einmal im Jahr findet eine Sozialkonferenz mit allen Akteuren statt, um das Erreichte zu bilanzieren, gesetzliche, strukturelle und organisatorische Veränderung aufzunehmen und das Thema voranzubringen. Als Querschnittsaufgabe wird das Thema Kinderarmut beim Sozialdezernenten angedockt.

 

Eine erfolgreiche Netzwerkentwicklung braucht eine politische Positionierung, d.h. eine Leitlinie für die Akteurinnen und Akteure als gemeinsame Grundlage in der pädagogischen Arbeit und in der Vernetzung. Eine Leitlinie, die der Kommune und den Akteuren als Orientierung zur Verfügung steht, die Strategien für das Aufwachsen im Wohlergehen enthält und für das Thema Kinderarmut sensibilisiert, wird zur politischen Beschlussfassung vorbereitet.

 

 

In den verschiedenen Arbeitsgruppen, die sich mit der Kinder- und Familien-armutsproblematik auseinandergesetzt haben, wurde immer wieder berichtet, dass ein Kernproblem die mangelnde Kenntnis an Hilfe- und Unterstützungsmöglichkeiten für Kinder und Eltern ist. Dies gilt für Betroffene wie für Beratende. Um diesem Defizit an Information abzuhelfen, soll eine entsprechende Datenbank eingerichtet werden, die auch Links zu Beratungsangeboten enthält.

 

Zu dem Thema Kinderarmut soll künftig im JHA kontinuierlich berichtet werden.

 

Für das weitere Vorgehen ergeben sich zusammengefasst die folgenden Schritte:

 

  1. Einrichtung eines Netzwerks „Kinderarmut“ und Vernetzung von Akteuren und Maßnahmen
  2. Koordination und Steuerung durch das Jugendamt
  3. Entwicklung einer Leitlinie zum Thema Kinderarmut
  4. Aufbau eines computergestützten Informationssystems
  5. Kontinuierliche Berichterstattung im JHA zum Thema Kinderarmut

 

 

 

 

Anlage

 


 

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  Nr. Name    
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